Liebe Leser,
meine Kollegen sind wie ich auch zumeist bekennende Aktienfans. In einem redaktionellen Newsletterbeitrag forderte ein Kollege seine Leser dazu auf, sich durch Aktieninvestments vor der Inflation und Folgen eines langfristigen Vermögensverlustes zu schützen.
Ein Leser, der seinen Namen an dieser Stelle nicht genannt wissen möchte, schrieb daraufhin folgende Erwiderung: „(…) meine Eltern haben zwei Währungsreformen überstehen müssen. Sie haben aus der ersten gelernt, dass Immobilien eine inflationssichere Anlage sind und haben für die zweite Währungsreform versucht auf diese Art ihr Vermögen zu retten, dass sie mit harter Arbeit zusammengetragen hatten. Tja, und dann kam die so genannte Hypothekenabgabe, und der größte Teil ihres Vermögens wurde wieder ausgelöscht.“
Immobilien als Inflationsschutz im Jahr 1923
Die Erfahrungen, die hier reflektiert werden, sind die Hyperinflation des Jahres 1923 als Folge des für Deutschland verlorenen 1. Weltkrieges und der so genannte Lastenausgleich, mit dem in die junge Bundesrepublik Deutschland in den Jahren nach ihrer Gründung die Lasten des 2. Weltkrieges „gerecht“ zu verteilen suchte.
Ich möchte bei diesem Punkt noch etwas verweilen, denn zwei Aspekte sind wichtig, wenn Sie den Inflationsschutz von Immobilien in einer Krise angemessen bewerten wollen.
Wie der Name schon sagt, sind Immobilien nicht mobil. Die Schutzfunktion ist also sehr stark ortsgebunden. Eine schnelle Kapitalflucht können Sie mit einer Immobilie nicht antreten. Ein Verkauf zieht sich oftmals über Wochen und Monate hin und die Immobilie in Schlesien oder Ostpreußen war nach dem 2. Weltkrieg für die Besitzer genauso verloren, wie sich der Besitzer einer Immobilie im Westen nicht gegen die Zwangshypothek wehren konnte.
1923: Die politisch gewollte Enteignung via Mietrecht
Kritisch sehe ich auch die Schutzfunktion während der Hyperinflation von 1923. Es ist richtig: Als Sachwert haben die Immobilien die Krise überlebt. Doch die entscheidende Frage ist, in wessen Eigentum.
In der Krise griff die Reichsregierung in den Mietmarkt ein und untersagte starke Mietsteigerungen. Das führte sehr schnell dazu, dass die Inflation und natürlich auch das an die Inflation angepasste Zinsniveau sehr viel schneller stiegen als die Mieteinnahmen.
Viele Wohnungseigentümer, die ihre Bankkredite nicht mehr bedienen konnten, verloren ihr Eigentum in Zwangsversteigerungen. Profiteure waren die sogenannten „Raffkes“, pfiffige Geschäftsleute wie Hugo Stinnes, die noch über Kreditlinien verfügten, dafür Firmen und andere Sachwerte erwarben und die Kredite hinterher mit immer wertloseren Banknoten beglichen.
Welche Punkte sind in der Krise entscheidend für Immobilienbesitzer und deren Inflationsschutz?
Für die Immobilienbesitzer war in der Krise somit entscheidend wie es um ihre Mieteinnahmen oder sonstigen Verdienstquellen bestellt war und in welcher Höhe die Häuser und Wohnungen noch mit Bankkrediten belastet waren.
Dieser Punkt wird sich auch in einer zukünftigen Krise kaum wesentlich anders darstellen, mag die Krise nun als Hyperinflation oder „nur“ als normale Inflation daherkommen. Schulden können sich für die Immobilie sehr schnell als eine Art Sprengstoff erweisen, deshalb macht es durchaus Sinn beizeiten zu tilgen, auch wenn die hierzulande so beliebten Steuersparmodelle einen anderen Weg wählen und die Schulden, um sie steuerlich gegenrechnen zu können, möglichst lange hoch halten.
Die Gefahr liegt darin, dass die Krise die zur Gegenfinanzierung abgeschlossenen Sparformen wie Bausparverträge oder Lebensversicherungen zerstört, während die Schulden auf dem Haus bleiben. Mit diesen, zugegeben sehr groben Strichen, sind die Chancen und Risiken einer Immobilie in der Phase einer starken Inflation umrissen.