Der Amokläufer von Winnenden, Tim Kretschmer, hat noch am Abend vor der Tat
das Killerspiel „Far Cry 2“ am heimischen Computer gespielt. Eine Auswertung des
Rechners ergab, dass Kretschmer gegen 19.30 Uhr das Spiel startete und den PC
gegen 21.40 Uhr ausschaltete. Im Internet hatte sich der Jugendliche offenbar
schon vor Monaten mit Massakern an Schulen auseinandergesetzt. Nach Er-
kenntnissen der Ermittler war Kretschmer unter mehreren Pseudonymen wie
„JawsPredator1“ im Internet aktiv und hatte unter anderem bei der Plattform
„MyVideo“ ein entsprechendes Profil. In einem der Diskussionsforen zu den Schul-
massakern von Erfurt und Emsdetten meldet sich am 23. August vergangenen Jah-
res „JawsPredator1“ zum Thema Amokläufer zu Wort: „Das witzige ist ja selbst wenn
diejenigen es ankündigen glaubt es ihnen niemand.“ Als Autor vermuten die Ermittler
den späteren Täter. Auch im Berufskolleg diskutierte Tims Klasse das Thema „Amo-
klauf in Erfurt“ und die neuen Waffengesetze. Dabei habe Tim sich mit den Gesetzen
ausgekannt und gewusst, dass eine der Regeln sei, nicht auf Menschen zu zielen.
Auf dem heimischen Computer des Mörders fanden die Fahnder auch etwa 200 Por-
nobilder, davon mehr als 120 sogenannte Bondage-Bilder, die nackte, gefesselte
Frauen zeigen. Neben „Far Cry 2“ hatte Kretschmer auch die Schießspiele „Coun-
ter Strike“ und „Tactical Ops“ installiert.
Aussagen seines Vaters bei der Polizei zufolge soll Tim ihn mindestens dreimal zu
Schießübungen im Schützenverein begleitet haben, zuletzt vor drei Wochen. Der
Sohn habe darauf gedrängt, den Umgang mit den Waffen zu lernen. Die Übungen
fanden mit der späteren Tatwaffe, einer Beretta, statt. Bundesinnenminister Wolf-
gang Schäuble (CDU) sieht bisher „keine Anhaltspunkte, dass ein noch strengeres
Waffenrecht den Amoklauf in Wendlingen und Winnenden hätte verhindern können“.
Es sei aber nun die „Aufgabe der Politik, nach solchen Erfahrungen vorbehaltlos zu
analysieren und zu überlegen: Muss ein Mitglied eines Schützenvereins wirklich so
viele Waffen und so viel Munition zu Hause haben? Nehmen Waffenbesitzer und
Schützenvereine ihre Verantwortung ernst genug? Darauf gilt es Antworten zu fin-
den“, so Schäuble. DER SPIEGEL 12/2009
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