Liebe Leser,
erinnern Sie sich noch an die Zeiten, als Banken sich förmlich überschlugen, ihre Girokonten kostenlos und gar mit 50 Euro Guthaben frei Haus anzubieten? Diese Zeiten sind definitiv vorbei. Die Zinskrise hat die Kreditinstitute in die Knie gezwungen. Momentan sinnen sie allerorten nach Gebühren, die sie uns Kunden abknöpfen können. Dies ließ Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des deutschen Bankenverbandes, auf einer Veranstaltung kürzlich durchblicken: „Die Zeiten einer Kostenlos-Konjunktur sind […] wahrscheinlich schon vorbei.“
Und eines kann ich Ihnen jetzt schon versprechen: Selbst wenn die Zinsen eines Tages wieder steigen werden – Ihre Gebühren zahlen Sie dann immer noch. Denn von diesen hinzugewonnenen Einkünften werden sich die Banken dann nicht mehr freiwillig verabschieden wollen.
Verlockende Einnahmen
Kostenschrauben gibt es viele: Gebühren für Kontoführung sowieso, Abheben am Geldautomaten (Strom! Sicherheit! Service!), Überweisung (mit Beleg ohnehin, aber bald bestimmt auch online wegen SMS-Zusendung von TAN und Bereitstellung von „Digitalleistungen“), der Kontoauszugsdrucker (was die Toner heute kosten) und und und. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig. An die Strafzinsen auf Einlagen hat man sich bei den größeren Vermögen ja schon herangetraut. Theoretisch wäre die Commerzbank eine der ersten Adresse, um solche Gebührenspielereien auszutesten. Die letzte Bilanz trieb den Anlegern die Tränen in die Augen. Der geplante Umbau ist teuer und langwierig. Und Konkurrent Deutsche Bank sowie ihre Tochter Postbank stehen nun wahrlich auch nicht wie strahlende Sieger da. Was liegt näher, als die Bilanz mit ein paar hübschen Milliarden aus Gebühreneinnahmen wieder frisch zu machen?
Fährt Commerzbank andere Strategie?
Nun, zumindest bei der Commerzbank spricht die generelle strategische Ausrichtung dagegen. Sie hat binnen drei Jahren eine Mio. Privatkunden angeworben und will dieses Kunststück in den kommenden drei Jahren wiederholen. Eine massive Erhöhung der Preise wäre da mehr als kontraproduktiv.
Ein anderes Szenario ist meiner Meinung nach wahrscheinlicher: Die Commerzbank wird dabei zusehen, wie die Konkurrenz mit ihren Gebührenzuschlägen die Kundschaft auf die Palme bringt. Die entrüsteten Kunden sammelt man einfach ein – und zwar kostenneutral. Denn früher musste man zur Kundenakquise häufig besondere Rabattaktionen durchführen, die mit zusätzlichen Kosten verbunden waren. Jetzt muss die Commerzbank lediglich ein normales Girokonto zu den bisher üblichen Konditionen anbieten, um die Wettbewerber auszustechen. Bei den Gebühren kann man ja zuschlagen, wenn man die zweite Million an Neukunden dann endgültig im Sack hat und die Kostenlos-Konkurrenz lange vom Markt verschwunden ist.