Liebe Leser,
allerorten ist in den Medien derzeit von einer Immobilienblase die Rede, die bald zu platzen drohe. Ist dem wirklich so? Es gibt schließlich auch Entwicklungen, die einen anderen Schluss nahelegen.
Stagnation ja, Absturz nein
Die Immobilienbranche ist insbesondere von der Nachfrage und der Zinssituation abhängig. Für das Development und das Investment sind niedrige Zinsen, wie wir sie derzeit haben, ein Glücksfall. Sowohl die Bau- als auch Kauffinanzierung verbilligen sich dadurch ungemein, sodass die Refinanzierungsphase deutlich reduziert wird und die Gewinne früher sprudeln. Zudem lockt eine höhere Gewinnspanne bei Veräußerungen. Der Run auf Immobilien hat die Quadratmeterpreise in den vergangenen Jahren immer weiter nach oben getrieben.
Hier droht der Immobilienbranche nun die erste Gefahr. Irgendwann gibt es schlichtweg nicht mehr genügend Käufer, die diese stetig steigenden Preise noch bedienen können. Doch das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass die Immobilienwerte deswegen umgehend abstürzen werden. Es ist angesichts der momentanen Entwicklung eher wahrscheinlich, dass sie auf hohem Niveau stagnieren werden.
Eine sich anbahnende Krise sieht anders aus
Gerade in den Ballungszentren ist die Lage am Wohnungsmarkt extrem angespannt. Die Zahl der Neubauten steigt zwar kontinuierlich an, aber nur auf überschaubarem Niveau. Solange die Politik hier nicht nachhilft, wird es auch nicht zu einem außergewöhnlichen Angebotsboom kommen. Und solche politischen Entscheidungsprozesse können schon mal eine Legislaturperiode dauern. Bis die Maßnahmen mal am Markt ankommen, ist locker eine weitere Legislaturperiode verstrichen.
Für Deutschlands führende Immobilienfirmen Deutsche Wohnen und Vonovia ist diese Situation ein zweischneidiges Schwert. Einerseits sichert die vorhersehbare Entwicklung den Portfolio-Wert ab. Andererseits sind weitere Zukäufe – zumindest in guten Lagen – nur zu einem entsprechend hohen Preis zu realisieren. Die Zeit der Schnäppchen ist vorbei. Das Wachstum verbirgt sich dann eher in Modernisierungsmaßnahmen, mit denen sich Mieten und Wert der Immobilie steigern lassen.
Mit einer platzenden Blase ist also meiner Meinung nach in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Dem widerspricht auch die wirtschaftliche Situation der betroffenen Firmen. Beim großen Immobiliencrash vor zehn Jahren beruhte ein Großteil des Geschäfts auf der Spekulation auf steigende Wertentwicklung. Die Überlebenden dieses Zusammenbruchs können heutzutage grundsolide Bilanzen vorweisen, die auf realem Cashflow und vergleichsweiser geringer Verschuldung basieren. Eine sich anbahnende Krise sieht anders aus.