Liebe Leser,
Der Weltluftfahrtverband IATA rechnet für 2017 erstmals seit 3 Jahren mit einem Gewinnrückgang. Es wird ein kumulierter Branchengewinn von 29,8 Mrd. $ prognostiziert. Zum Vergleich: 2016 wurde mit einem Rekordgewinn von 35,6 Mrd. $ abgeschlossen. Hauptgründe für den Gewinnrückgang sind steigende Ölpreise und Flughafengebühren sowie global betrachtet langsamer wachsende Bruttoinlandsprodukte.
Für Europa wird ein Gewinnrückgang von 7,5 auf 5,6 Mrd. € veranschlagt. Wegen der Türkei-Krise und der Anschlagsserien in Nordafrika, dem Nahen Osten und Frankreich kam es zu einer Verschiebung der Passagierströme in Richtung Spanien und Portugal. Daraus resultierten auf diesen Flugstrecken Überkapazitäten, und die Ticketpreise gerieten unter Druck.
Wie schlagen sich die Flieger auf dem alten Kontinent?
Air Berlin bekam das harte Wettbewerbsumfeld am stärksten zu spüren und flog sogar in den Sommermonaten hohe Verluste ein. Das vorläufige Sanierungskonzept ist gescheitert. Das Unternehmen steht vor der Zerschlagung. Fast die Hälfte der Flotte samt Besatzung wurde an Lufthansa vermietet. Aus dem Touristikgeschäft steigt der Konzern aus und wird sich künftig auf die europäischen Geschäftskunden und die Langstrecke nach Nordamerika konzentrieren.
Angesichts der hohen Schulden räumen wir Air Berlin nur geringe Chancen für einen Turnaround ein. Eine Übernahme durch Lufthansa ist nicht mehr auszuschließen. Lufthansa versucht mit seiner eigenen Low-Cost-Variante Eurowings, möglichst schnell eine wettbewerbsfähige Größe zu erreichen. Durch Air Berlins Flugzeuge und die Übernahme von Brussels Airlines, wird die Flotte schnell vergrößert. Bislang schreibt Eurowings noch operative Verluste. Die Produktionskosten müssen sinken. Dafür bedarf es einer Lösung mit der Pilotenvereinigung Cockpit.
Ryanair und easyJet reagieren auf die Eurowings-Initiative mit einer aggressiven Expansion. Insbesondere Ryanair stößt nach dem Brexit-Referendum verstärkt auf den deutschen Markt vor und wird ab März sogar vom Drehkreuz Frankfurt am Main fliegen – ein Frontalangriff auf Lufthansa. Bei Ryanair laufen die Geschäfte rund, und die Kostenführerschaft wird konsequent genutzt, um die Marktanteile durch niedrige Ticketpreise auszubauen.
Bis 2024 sollen über 200 Mio Passagiere (aktuell 119 Mio) befördert und der europaweite Marktanteil von 15 auf 20% ausgebaut werden. Neben Ryanair gehört auch International Airlines Group (6201) zu unseren Favoriten in Europa. Dank besserer Strukturen, höherer Auslastungen und sinkender Stückkosten wird der Konzern profitabler. Das Gewinnplus lag 2016 bei 29,2%, und es wurden erstmals mehr als 100 Mio Gäste befördert. Anleger werden konsequent am Erfolg beteiligt. Für Dividendenjäger ist die Rendite von 3,6% interessant.
Buffetts Sinneswandel
Insbesondere bei der Luftfahrtbranche lohnt sich für Anleger ein Blick über den Atlantik. Die US-Luftfahrt befindet sich in einer sehr guten Verfassung. Ein Beleg dafür ist Warren Buffetts Einstieg bei den 4 größten US-Fluggesellschaften mit mehreren Mrd. $. Damit hat er seine traditionellen Vorbehalte gegen Fluggesellschaften aufgegeben.
Bei Southwest Airlines sicherte er sich 7% der Anteile. Die Fluglinie eilt von einem Passagierrekord zum nächsten, glänzt durch eine hohe Profitabilität und kontinuierliche Umsatz- und Gewinnhistorie. Das Gleiche gilt Alaska Air Group, der durch die Akquisition von Virgin America zur Nummer 5 in den USA aufgestiegen ist.