Die deutschen Arbeitsdrohnen wundern sich zuweilen, warum sie nur so wenig Netto vom Brutto haben. Dafür sorgen die Zahlungsverpflichtungen für Euro und EU. Allein die unberechtigten Kindergeldzahlungen für Nachwuchs, der gar nicht hier lebt, kostet 470 Mio. - jährlich.
von Ramin Peymani
Wieder einmal hat die Politik beim Steuerzahler Erwartungen geweckt, die sie am Ende nicht erfüllt. Mit großem Brimborium hatte Sigmar Gabriel für seine SPD vor Weihnachten angekündigt, endlich dem Kindergeld für EU-Ausländer an den Kragen gehen zu wollen.
Die Freizügigkeit für die Bürger Europas dürfe nicht länger dazu missbraucht werden, in die Sozialsysteme einzuwandern. Selbst die Kanzlerin, die sich so ungern festlegt, hatte ihre Unterstützung signalisiert. Doch nun kommt alles anders – wie so oft. Gabriel ist längst raus aus dem Rennen um die Kanzlerkandidatur seiner Partei.
Er ist nicht einmal mehr ihr Vorsitzender. Bundeswirtschaftsminister ist er auch nicht mehr. Und so hat sich die Linksachse Schulz-Nahles durchgesetzt. Damit bleibt beim Kindergeld alles, wie es ist. Entscheidend waren am Ende rechtliche Bedenken. Denn nach der EWG-Verordnung 1408/71 und deren Nachfolgeverordnungen hat jeder EU-Bürger in dem Land, in dem er sozialversichert ist, Anspruch auf alle Sozialleistungen, die nach den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen sind.
Dies schließt das Kindergeld ein und gilt auch dann, wenn die Kinder des Betreffenden gar nicht im selben Land wohnen. Und so zahlte der deutsche Staat Ende 2016 für mehr als 185.000 im Ausland lebende Kinder mindestens 192 Euro pro Monat und Kind. Das ist ein Anstieg gegenüber 2015 um fast 55%, der die Kindergeldzahlungen ins europäische Ausland auf 470 Millionen Euro treibt.
Ein Gesetzentwurf aus dem Bundesfinanzministerium sah vor, betroffenen Familien das Kindergeld um 50 Prozent zu kürzen
Noch Mitte März hatte die Bundesregierung bekräftigt, dem millionenschweren Geldsegen an Europas Kinder ein baldiges Ende bereiten zu wollen. Ein Gesetzentwurf aus dem Bundesfinanzministerium sah vor, betroffenen Familien aus Ländern wie Polen, Kroatien, Rumänien oder Bulgarien das Kindergeld um 50 Prozent zu kürzen und damit an die Lebensverhältnisse im Heimatland anzupassen.
Doch die scharfe Zurückweisung aus Brüssel und das Einknicken der SPD haben dem Projekt nun den Garaus gemacht. So dürften also auch weiterhin Tausende Armutseinwanderer insbesondere aus Bulgarien und Rumänien in schon bestehende Brennpunkte wie Duisburg strömen und „für ihre Kinder, die gar nicht in Deutschland leben, Kindergeld auf deutschem Niveau beziehen“, wie Gabriel im vergangenen Dezember anmahnte.
Er verwies dabei auch auf Menschenhändler, die „EU-Bürger aus diesen Ländern im Wesentlichen hierherbringen, damit sie das Kindergeld abkassieren können“. Abermals sorgt somit eine EU-Verordnung dafür, dass deutsche Steuerzahler für die Umverteilungsideologie der Brüsseler Behörde geradestehen müssen.
Dass es dabei um fast eine halbe Milliarde Euro pro Jahr geht, entlockt der zuständigen EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen allerdings nur die spöttische Bemerkung, sie werde ihre Prinzipien nicht für ein paar „Peanuts“ opfern. Ein vielsagendes Statement aus den Reihen der Brüsseler Politkaste.
Die Bundesregierung zahlt 470 Millionen Euro pro Jahr an Personen aus, die gerechterweise gar kein Kindergeld aus Deutschland bekommen sollten
Noch einmal muss bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen werden, dass das Kindergeld nicht nur für im Ausland lebende Kinder, die niemals hier waren, gezahlt wird, sondern auch dann, wenn selbst die Eltern ihren Wohnsitz im Ausland haben, solange diese als Saisonarbeiter ihrem Broterwerb in Deutschland nachgehen.
Und keinesfalls erstreckt sich der Anspruch nur auf EU-Bürger: Denn neben Norwegen, der Schweiz, Island und Liechtenstein gilt auch für Algerien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Marokko, Serbien, Montenegro, Tunesien und die Türkei der Kindergeldanspruch für hier lebende oder hier arbeitende Eltern, wie auch für jene, die gar nicht arbeiten und Transferleistungen beziehen.
Last, but not least, begründet auch die Anerkennung als Asylbewerber oder Flüchtling einen Anspruch auf Kindergeld, unabhängig davon, wo die Kinder leben. Es ist bezeichnend, dass der öffentliche Aufschrei einmal mehr ausbleibt und sich auch aus den Reihen der Regierungskoalition nur müder Protest gegen die unfaire EU-Verordnung erhebt.
Stattdessen brüstet sich die Bundesregierung damit, Deutschlands Familien zu Jahresbeginn eine Kindergelderhöhung von sage und schreibe 2 Euro pro Monat zugebilligt zu haben, während sie 470 Millionen Euro pro Jahr an Personen auszahlt, die gerechterweise gar kein Kindergeld aus Deutschland bekommen sollten. Die gewählte Regierung ist machtlos. Der Europäischen Union sei Dank.
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