Während in der Türkei selbst das Ergebnis eher knapp ausfiel, stimmten 63 Prozent der Türken in Deutschland für Erdogan. Das Ergebnis dokumentiert auf krasse Weise Integrationsdefizite. Was wird wohl Claudia Roth dazu sagen?
Die Menschen in der Türkei haben äußerst knapp mit etwa 51 Prozent für das Präsidialsystem gestimmt, das Staatschef Recep Tayyip Erdogan mehr Macht verschafft. In Deutschland hingegen fiel das Ergebnis sehr viel deutlicher aus.
Nach vorläufigen Ergebnissen stimmten 63,2 Prozent der in Deutschland lebenden Türken für die Verfassungsänderung. Nur 36,8 votierten mit Nein, meldet die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu (Stand 1 Uhr).
Das Ergebnis dokumentiert: Statt Integration stimmte eine überwältigende Mehrheit der in Deutschland lebenden Türken für einen konfusen Traum alter osmanischer Stärke und für einen starken islamischen Führer.
Es ist eine Entscheidung für das Ende der liberalen Demokratie, der Gewaltenteilung, des Pluralismus - und damit auch eine Entscheidung gegen westliche Werte.
Erste Aktion: Todestrafe einführen
Erdogan selbst wird künftig deutlich erweiterte Befugnisse bekommen. Jeder sollte die Entscheidung der türkischen Nation respektieren, sagte Erdogan am Sonntagabend. Das gelte vor allem auch "für die türkischen Verbündeten".
Das Land werde nun die wichtigste Reform in seiner Geschichte angehen. Als erste Aufgabe kündigte Erdogan am Abend in Istanbul an, die Einführung der Todesstrafe wieder auf die Tagesordnung zu setzen.
Kritik kam von der Opposition und aus dem Ausland: "Die Verfassungsänderung besiegelt das Ende von Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und Parlamentarismus in der Türkei", sagte FDP-Präsidiumsmitglied und Vizepräsident des Europäischen Parlaments Alexander Graf Lambsdorff.
Mit der Entscheidung für den "Ein-Mann-Staat" signalisiere Erdogan, dass er kein EU-Beitrittskandidat mehr sein wolle. Die größte türkische Oppositionspartei CHP sprach unterdessen von Wahlmanipulation. Sie warf der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu die Weitergabe falscher Auszählungsergebnisse vor.
Die HDP kündigte an, gegen das Ergebnis von zwei Dritteln der Wahlurnen Beschwerde einzulegen. Nach offiziellen Angaben und nach Auszählung von 99,45 Prozent der Stimmen votierten 51,4 Prozent für die Verfassungsänderung und damit im Sinne Erdogans. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei rund 85 Prozent.