Schäuble will Amerikaner mit Argumentationspapier zu Leistungsbilanzüberschüssen belehren. Vehement widersprechen die Regierungsfachleute Vorhaltungen der Amerikaner, die Bundesrepublik verschaffe sich Vorteile mit unlauteren Mitteln.
Bei der Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein Argumentationspapier im Gepäck, das Experten aus seinem Haus und dem Wirtschaftsministerium von Brigitte Zypries (SPD) erarbeitet haben. Es soll dabei helfen, Vorwürfe und Bedenken der Trump-Regierung gegen die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse auszuräumen.
Die Leistungsbilanz sei für die Bundesregierung keine sogenannte Steuerungsgröße, heißt es in dem Papier, das dem SPIEGEL vorliegt. Der Grund: Sie lasse sich nur in sehr begrenzten Rahmen durch politische Maßnahmen beeinflussen. "Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss ist vor allem das Ergebnis von marktbasierten Angebots- und Nachfrageentscheidungen von Unternehmen und privaten Verbrauchern auf dem Weltmarkt."
Etwa die Hälfte des Überschusses sei zurückzuführen auf strukturelle Rahmenbedingungen, an denen die Politik kurzfristig nichts zu ändern vermöge. Hierzu zählten unter anderem "die hohe Wettbewerbsfähigkeit deutscher Anbieter auf den Weltmärkten", aber auch "die qualitativ hochwertige, industriell geprägte und komplexe Güterstruktur". Im Klartext: Deutschland produziere und exportiere Güter, die anderswo auf der Welt gefragt seien, weil kein anderes Land sie im Angebot hat.
Auch das hohe Auslandsvermögen der Deutschen zählt dem Papier zufolge zu den unveränderlichen Ursachen der hohen Überschüsse. Dieses Auslandsvermögen wirft Gewinne ab, die den Leistungsbilanzüberschuss erhöhen. Dieser Effekt erkläre allein ein Viertel des deutschen Überschusses, schreiben die Regierungsexperten.
Von der deutschen Kapitalausfuhr profitierten zudem vor allem die USA, argumentiert das Papier weiter. "Die hohe Attraktivität der USA für ausländische Portfolioinvestitionen ergibt sich auch aus ihrer ökonomischen und politischen Bedeutung für die Weltwirtschaft sowie der Rolle des US-Dollars als internationale Leitwährung", bringen die deutschen Experten in Erinnerung. Anders ausgedrückt: Solange die USA für sich in Anspruch nehmen, Weltmacht zu sein, ziehen sie fremdes Kapital an, was im Umkehrschluss bedeutet, dass sie mehr Güter einführen als exportieren.
Vehement widersprechen die Regierungsfachleute Vorhaltungen der Amerikaner, die Bundesrepublik verschaffe sich Vorteile mit unlauteren Mitteln. "Deutschland hat keinen Einfluss auf den Wechselkurs und wendet keine protektionistischen Instrumente an", schreiben sie. Die EU-Staaten könnten ebenso wenig wie die EU-Kommission die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank verändern.