Szenarien für Gold und eine Radikalkur für die Finanzmärkte. Die Frage, ob Gold seinen bisherigenAufwärtstrend fortsetzt und dynamisch weiter steigt, hängtnatürlich auch mit der Frage zusammen, ob es zu einer Deflationoder Inflation kommen wird.
US-FinanzministerTimothy Geithner hat gestern dem US-Kongress sein Konzept zurRegulierung der Finanzmärkte vorgestellt. Demnach soll es eineeinzige, große Aufsichtsbehörde geben, die auch Hedgefonds,Versicherungen und Credit Default Swaps (CDS) kontrollieren soll. DieAufsichtsbehörde soll dabei bestimmte Bereiche sichern:
- Systemische Risiken sollen vermieden werden.
- Regulative Lücken sollen geschlossen werden.
- Der Schutz der Verbraucher muss gewährleistet werden.
- Eine internationale Koordination muss ermöglicht werden.
Witzig finde ich die Reaktion derMärkte. Während in den letzten Jahrzehnten jederegulatorische Maßnahme mit Kursverlusten abgestraft wurde, wardas Konzept von Geithner gestern von Kursgewinnen begleitet.
Es ist natürlich sinnvoll,gerade die CDS und größere Hedgefonds zu kontrollieren, aberman muss sich fragen, ob eine zu starke Regulation nicht dochschädlich für die Börsen und damit auch für dieUS-Wirtschaft sein wird. Man kennt doch die Menschen, sie neigen dazu,nach Krisen und Katastrophen immer ein wenig über zumÜberreagieren. Ich kann mir gut vorstellen, dass in 10 bis 15Jahren wieder der Ruf nach Deregulierung laut wird. Aber das ist einanderes Thema.
Nasdaq100 scheitert am Widerstand
Bevor ich zu dem Goldthema komme,noch kurz zum Markt: Der Nasdaq100 ist bereits gestern mit Dynamik andie 1287er Marke (siehe Steffens-Daily von gestern) gelaufen. Das Hochlag bei 1281. Er hat damit den wichtigen Widerstand erreicht. Heute ister erst einmal an dieser Marke abgeprallt, aber das ist auch nichtverwunderlich nach diesem steilen Anstieg der letzten Wochen. DieBullen müssen Kraft sammeln. Jetzt muss sich zeigen, ob er nachein, zwei oder mehr schwächeren Tagen diese Marke überwindenkann oder zurück an die 1.160/40er Marke läuft.
Gold und ein großer psychologischer Widerstand
Ich habe in den letzten Wochen von Ihnen immer wieder Fragen zum Gold erhalten. Darauf will ich heute eingehen.
Die Frage, ob Gold seinen bisherigenAufwärtstrend fortsetzt und dynamisch weiter steigt, hängtnatürlich auch mit der Frage zusammen, ob es zu einer Deflationoder Inflation kommen wird. Sollte es der Fed gelingen, die aktuelleDeflationsgefahr durch ihre massiven Kapitalmaßnahmen zubesiegen, besteht die Gefahr, dass auf der anderen Seite Inflation aufuns wartet. Das wird insbesondere dann geschehen, wenn die Fed esversäumt, rechtzeitig die Zinsen wieder anzuheben und dieGeldmenge abzuschöpft.
Gold, die Inflationsanlage
Bei einer Inflation wird derGoldpreis in Dollar massiv zulegen. Angesichts der strukturellenProbleme wird Gold dann mindestens auf 1.300-1.500 Dollar steigen, jenach Art und Stärke der Inflation auch durchaus höher.
Deflation ist nicht gut für den Goldpreis
Eine Deflation ist dadurchgekennzeichnet, dass sich im Verhältnis zum GeldVermögenswerte verbilligen. In diesem Zusammenhang kann auch derGoldpreis deutlicher zurückkommen. Insbesondere dann, wenn es zueiner Weltwirtschaftskrise kommt, kann ein Mangel an Nachfrage denGoldpreis unter Druck setzen. Hinzu kommt die Gefahr, dass Regierungenihre Goldbestände auf den Markt werfen, um Konjunkturprogramme zufinanzieren oder einfach nur, um die Verschuldung in den Griff zukriegen. In einer Deflation werden Schulden quasi„aufgewertet“. Positiv könnte sich auswirken, dass dieSorge vor Währungsreformen, politischen Instabilitäten undanderen Faktoren den Wunsch fördert, physisches Gold alsSicherheit zu besitzen. Unter dem Strich ist in einer Deflation abernicht mit einem starken Anstieg des Goldpreises zu rechnen. Wenn es gutläuft, kommt es zu einer Seitwärtsbewegung oder einem sehrleichten Aufwärtstrend. Doch wahrscheinlicher ist einPreisrückgang.
Da wir zurzeit noch nicht wissen, obdas größte Fed-Experiment zur Deflationsbekämpfungfunktionieren wird, ist für Gold im Moment leider eine klarereAussage nicht möglich. (Ansonsten hätte ich auch schon davonberichtet.)
Gold im Chart
Es bleibt der Chart. Doch auchdieser spiegelt die noch bestehende Unsicherheit wieder. Vielleichtwird der Goldpreis sogar ein früher Anzeiger dafür werden,wann und ob die Fed die Deflation besiegen kann.
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Noch ist der Aufwärtstrend imGold eindeutig intakt. Gold scheitert allerdings an der psychologischwichtigen 1.000-Dollar-Marke. Das ist nicht außergewöhnlich.Es gibt unzählige Beispiele in Charts, dass an derart bedeutendenpsychologischen Marken Wertpapiere erst einmal eine zum Teil auchlängere Konsolidierung einleiten. Bestes Beispiel ist wohl die1.000-Punkte-Marke im Dow Jones, die über 20 Jahre nichtüberwunden werden konnte. Aber auch im DAX gab es die 4.000Punkte-Marke und die 5.000-Punkte-Marke, an der die Kurse einige Wochenund Monate konsolidierten.
Der Paradigmenwechsel
Leider ist im Vorfeld nichtprognostizierbar, wie lange ein Wertpapier oder ein Rohstoff an einersolchen Marke zu knabbern hat. Ein Indiz ist, wie wichtig diese Markeist. Und die 1000-Dollar-Marke im Gold stellt einfach einenParadigmenwechsel dar. Somit kann es also gut sein, dass wir nochlänger mit dieser Marke zu tun haben. Es ist zudem davonauszugehen, dass die Kurse nach einem massiven Ausbruch diese Markeauch noch einmal von oben testen werden. Auch das sollte man imHinterkopf behalten.
Das große Doppeltop
Aber es gibt auch noch ein anderesSzenario, auf das ich zumindest aufmerksam machen will. Dieses habe ichim Chart oben eingezeichnet. Kurse verhalten sich gerne symmetrisch.Denken wir die Bewegung des Goldpreises symmetrisch weiter (siehe rotgestrichelte Linien), entsteht ein mögliches Doppeltop.
Und es gibt ein paar kleineHinweise, die die These eines Doppeltops unterstützen. Dervorherige Ausbruch aus dem großen Trend nach oben weist auf einenÜbertreibungsphase hin. Diese haben wir zu diesem Zeitpunkt auchin den Medien miterleben können. Der zweite Angriff auf die Markedirekt anschließend scheiterte, so dass es zu einem doch extremstarken Einbruch kam. Und jetzt droht auch der dritte Angriff auf dieseMarke zu scheitern. Sollte das passieren und anschließend auchnoch ein vierte Angriff scheitern, werden die Goldbullen zunehmend dieGeduld verlieren. Dann ist ein erneuter starker Kursrückgangauf 700 Dollar wahrscheinlich. Sollte diese Marke im weiterenVerlauf auch noch unten gebrochen werden, wäre das Doppeltopvollendet. Anschließend müsste mit Kursen um die 400 Dollar(!) gerechnet werden. Auch das wieder ein Szenario, mit dem soeigentlich fast niemand rechnet und das allein deswegen schon Beachtungverdient.
Umschichtung aus der Sicherheit
Der Einbruch auf die700-Dollar-Marke könnte zum Beispiel im Zusammenhang mit einemstärkeren Anstieg der Aktienmärkte stehen. Anleger, diesehen, dass Gold sich nicht bewegt, während auf dem Aktienmarktdie dicken Gewinne gemacht werden, könnten dazu verleitet werden,Positionen zumindest teilweise umzuschichten – von Sicherheit zurRendite.
Wieder nur ein Szenario
Noch ist es zu früh, wirklichbearish für Gold zu werden, noch ist der Aufwärtstrend intaktund es besteht die durchaus reelle Chance, dass Gold nach obenausbricht oder eine Weile um / unter der 1.000-Dollar-Marke fluktuiert.Aber dieses Szenario im Chart passt vom Prinzip her zu der Analyse vongestern, die sich ebenfalls um den blinden Fleck der Märktedrehte.
Sollte sich Gold jedoch an die hiereingezeichneten rot gestrichelte Prognoselinie halten oder im Zugeweiterer Kurssteigerungen im Aktienmarkt deutlicher unter Druck kommen,ist auf jeden Fall Vorsicht angesagt. Leider gibt es zurzeit vieleAnalysten, die sich allzu sicher sind, dass Gold auf jeden Fallüber kurz oder lang weiter steigen wird. Einige Indizien sprechengerade im langfristigen Kontext dafür. Aber eins darf man sich anden Börsen trotzdem NIE sein: Sicher...
Steffens Daily --->stockstreet.de