Lieber Investor,
Autoritarismus und die Einschränkung von politischer Freiheit vertragen sich auf Dauer nicht mit wirtschaftlicher Dynamik. Je mehr die Freiheit einschränkt wird, desto mehr und desto schneller trüben sich die längerfristigen Wachstumsaussichten ein, weil sich zunächst die Investoren zurückhalten. Sie fürchten um ihre Einsätze und investieren lieber in anderen Ländern, die eine größere Freiheit versprechen und einen liberaleren Umgang mit ausländischem Kapital pflegen.
Der Putsch in der Türkei im Sommer 2016 hat an dieser Stelle verheerend gewirkt. Seine unmittelbaren und mittelbaren Folgen vertreiben Touristen wie Investoren gleichermaßen und führen dazu, dass die Türkei, die ohnehin viel Geld aus dem Ausland benötigt, um ihr Wirtschaftswachstum zu halten, heute Mühe hat, sich zu refinanzieren. Für seine zehnjährigen Staatsanleihen muss der türkische Staat inzwischen elf Prozent Zinsen zahlen.
In den USA sind nicht die hohen Zinsen das Problem
Die Inflation ist hoch und der Außenwert der türkischen Lira schwach. Da die jüngsten wirtschaftlichen Aufschwünge mit hohen Krediten erkauft wurden, zieht sich die Schlinge um den eigenen Hals langsam zu. Es droht ein Teufelskreis. Die hohen Zinsen würgen Investitionen und Wirtschaftswachstum ab. Letzteres führt dazu, dass der Außenwert der Landeswährung weiter sinkt. Weil die Notenbank die Abwertung früher oder später mit höheren Zinsen bekämpfen wird, ist der Kreislauf vollendet.
In den USA sind nicht die hohen Zinsen das Problem. Hier dürfte sich eher die vom neuen US-Präsidenten bevorzugte Handels- und Einreisepolitik negativ auswirken. Für die US-Unternehmen wird es immer schwieriger an die benötigten Fachkräfte zu kommen, wenn diese aufgrund der verschärften Grenzkontrollen nicht mehr ins Land gelassen werden oder diese auf die Einreise von sich aus verzichten, weil Amerika ihnen als zu abweisend und unattraktiv erscheint.
Herzliche Grüße
Ihr Robert Sasse