Finanzministerium lässt Großkanzleien weitere Gesetze ausarbeiten. Wirtschaftskanzlei hat denEntwurf für das Finanzmarktstabilisierungs- gesetz und die darauffußende Rechtsverordnung maßgeblich formuliert. – FDP und Grüne kritisieren Interessenkollision.
Das Bundesfinanzministerium hat nach dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz vom Oktober auch weitere Bankengesetze von Anwaltskanzleien ausarbeiten lassen, die sonst vor allem Kreditinstitute vertreten. Das berichtet das Nachrichtenmagazin FOCUS unter Berufung auf die Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage des FDP-Finanzexperte Frank Schäffler.
Danach hat das Ministerium die internationale Wirtschaftskanzlei White & Case mit den Korrekturarbeiten am Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz betraut.
Die Frankfurter Wirtschaftskanzlei Freshfields, die nahezu alle deutschen Großbanken vertritt, hat FOCUS zufolge nicht nur den Entwurf für das Finanzmarktstabilisierungsgesetz sowie die darauf fußende Rechtsverordnung maßgeblich formuliert.
Das Finanzministerium hat die Kanzlei auch beim „Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz“ eingeschaltet, das kurz vor Weihnachten in Kraft getreten ist und eine Verstaatlichung der Hypo Real Estate (HRE) ermöglichen soll. Wie FOCUS berichtet, hat Freshfields die HRE 1997 bei der Übernahme der Depfa-Bank beraten. Das Geschäftsmodell der irischen Tochter gilt inzwischen als eine der Hauptursachen für die Probleme der HRE.
An dem jüngst beschlossenen Gesetz war im Auftrag des Bundesinnenministeriums auch die Kanzlei Hengeler und Müller beteiligt, die früher für den HRE-Hauptaktionär Flowers gearbeitet hat. Alle Aufträge an die Kanzleien sind nach Regierungsangaben ohne Ausschreibung vergeben worden.
Über die Höhe der gezahlten Honorare für die Anwälte macht die Regierung unter Verweis auf „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ keine Angaben. „Noch nicht einmal der Haushaltsausschuss erfährt, ob diese fragwürdige Tätigkeit die Steuerzahler hunderttausend oder eine Million Euro kostet“, sagte Schäffler FOCUS.
Grünen-Haushaltsexperte Alexander Bonde sagte zu FOCUS, mit der Beauftragung der Anwälte folge die Bundesregierung „der Logik der Banken“. Deren Sichtweise entspreche aber nicht unbedingt den Interessen der Steuerzahler, „die das Paket am Ende stemmen müssen“.
Kritisch äußerte sich auch der Deutsche Anwaltverein (DAV). „Es ist durchaus sinnvoll, dass die Bundesregierung Expertenwissen einkauft“, sagte DAV-Präsident Hartmut Kilger FOCUS. „Dabei muss unbedingt sichergestellt sein, dass die verschiedenen Interessen innerhalb einer großen Kanzlei klar getrennt werden. Ich bin da ein bisschen misstrauisch, ob das immer gelingt.“
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