Frage: Ich habe eine noch im Bau befindliche Eigentumswohnung gekauft, die Ende des Jahres fertig gestellt war.Als ich meine Steuerunterlagen letzte Woche im Finanzamt abgegeben habe, hat sich der Sachbearbeiter geweigert, die degressive Abschreibung anzuerkennen, weil ich die Teilungserklärung noch nicht vorlegen kann.
Deshalb sei die Eigentumswohnung noch nicht fertig gestellt. Mit seinem Einspruch gegen den Steuerbescheid und mit der anschließenden Klage hatte der Käufer kein Glück. Er musste erst vor den Bundesfinanzhof ziehen, um sich durchzusetzen.
Immobilien-Berater: Eine Neubau- Eigentumswohnung gilt auch bereits dann als „fertig gestellt“, wenn die Teilungserklärung noch gar nicht vorliegt. Das hat der Bundesfinanzhof bereits 1999 entschieden. Das Aktenzeichen lautet: BFH, (BFH, IX R 53/96). Berufen Sie sich auf dieses Urteil.
Im entschiedenen Fall ließ Deutschlands höchstes Finanzgericht keinen Zweifel daran: Ein Gebäude ist dann fertig gestellt, wenn es bezugsfertig ist.
Das wiederum ist der Fall, wenn das Haus oder die Wohnung nach Abschluss der wesentlichen Arbeiten bewohnbar ist. Ob die Teilungserklärung bereits vorliegt, ist unerheblich.
Das ist der Fall, der seinerzeit entschieden wurde: Im Januar unterschrieb ein Investor einen notariellen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung, die sich noch im Bau befand. Im Dezember war sie bezugsfertig.
Trotzdem erkannte das Finanzamt die degressive Abschreibung für die Gebäudekosten nicht an, weil die Teilungserklärung bis Ende des Jahres noch nicht vorlag.
Dabei ist steuerlich allein entscheidend, ob die Wohnung bautechnisch fertig gestellt ist. Sinn und Zweck der Steuerregelung sei es nämlich, den Wohnungsneubau zu fördern. Ob und wann die Aufteilung der Wohnanlage in die einzelnen Eigentumswohnungen genehmigt wird, spiele dagegen keine Rolle.
Wenn es mit dem Finanzamt Meinungsverschiedenheiten über den genauen Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit gibt, können Sie wie folgt reagieren: Reichen Sie Fotos ein, aus denen sich der tatsächliche Zustand des Gebäudes ergibt.
Steuervorteile gelten auch ohne Teilungsgenehmigung
Bieten Sie dem Finanzamt auch eine Ortsbesichtigung an, damit es sich von Ihren Erläuterungen überzeugen kann. Nutzt das Finanzamt Ihr Angebot nicht, wird es vor dem Finanzgericht einen schweren Stand haben.
Manche Grundstückseigentümer beziehen ein Gebäude bereits dann, wenn sie dabei ihre Sicherheit und Gesundheit gefährden und jedes Opfer bringen, um bereits im eigenen Haus wohnen zu können.
Es ist deshalb entscheidend, ob nach der Verkehrsauffassung und Verkehrssitte davon ausgegangen werden kann, dass die Wohnung bei einem neu erbauten Gebäude sofort vermietet werden kann.
Der 7-Punkte-Katalog, auf den es ankommt
Nach einem früheren Urteil des Bundesfinanzhofs ist die Fertigstellung eines Hauses von diesen Voraussetzungen abhängig:
- Ihr Gebäude ist fertig gestellt, wenn die wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sind und das Gebäude nutzbar ist.
- Unter Fertigstellung eines Wohngebäudes im Sinne der degressiven Absetzung für Abnutzung ist die Bezugsfertigkeit zu verstehen.
- Bezugsfertigkeit liegt vor, wenn das Haus nach Abschluss der wesentlichen Bauarbeiten bewohnbar ist.
- Die Frage der Bewohnbarkeit hängt allein von objektiven Merkmalen ab.
- Geringfügige Restarbeiten sind für die Fertigstellung unerheblich.
- Die Schlussabnahme-Erklärung des Bauamts oder der Stadt ist zwar keine zwingende Voraussetzung für die Fertigstellung. Liegt die Schlussabnahme-Erklärung jedoch vor, und werden keine wesentlichen Mängel festgestellt, spricht einiges für die Fertigstellung.
- Ihnen, beziehungsweise dem Mieter, muss nach objektiven Merkmalen zugemutet werden können, die Wohnung zu bewohnen.
EinBeitrag von Heiko Böhmer.
Herzliche Grüße
Ihr Robert Sasse