Das Heer von 55000 EU-Beamten kümmert sich bekanntlich nur um Wichtiges. Neuester Gegenstand der Regulierungswut: Pommes Frittes, dunkles Brot und schwarzer Kaffee.
Sieben Seiten lang, 21 Seiten Anhang. Detailliert listen die EU-Experten darin auf, was beim Frittieren, Backen und Rösten künftig alles beachtet werden muss: Die ganze Verordnung HIER
von Thomas Heck
Anstatt sich um die wichtigen Probleme in Europa zu kümmern, führt die EU mehr und mehr Scheingefechte, zündet Nebelkerzen. Anstatt die Flüchtlingsproblematik mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen, wird der Export von Schlauchbooten eingeschränkt.
Wir hatten hierüber berichtet. Wenn man ein Europaparlament schafft, muss man den hochbezahlten Abgeordneten aber auch was zu tun geben. Nachdem der Krümmungsgrad der Gurke reguliert wurde, sind nun die Pommes dran.
Goldgelb dürfen die Pommes sein, nicht dunkler. Die EU hat gesundheitsfördernde Regeln für Lebensmittelhersteller erarbeitet, darunter Kochanweisungen. Die Gastronomie spricht von “irrwitzigen Forderungen“. Die EU wehrt sich. Krebserzeugendes Acrylamid in Lebensmitteln wie Pommes, Chips oder Knäckebrot soll mit neuen EU-Regeln von 2019 an so weit wie möglich reduziert werden. Experten der EU-Länder billigten am Mittwoch einen Entwurf der EU-Kommission mit Vorgaben für Lebensmittelhersteller, Restaurants und Backstuben. Verbrauchergruppen sehen dies als wichtigen Schritt zum Gesundheitsschutz. Die Gastronomie warnt indes vor „EU-Regelungswut“.
Acrylamid entsteht beim Rösten, Backen, Braten oder Frittieren vor allem bei besonders stärkehaltigen Lebensmitteln wie Kartoffeln und Mehl sowie Kaffee. In Tierversuchen wurde ein erhöhtes Krebsrisiko durch den Stoff nachgewiesen. Ziel der neuen EU-Regeln ist es, beim Garen möglichst wenig Acrylamid entstehen zu lassen.
„Heute haben wir einen wichtigen Schritt zum Schutz von Gesundheit und Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger getan“, sagte EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis. Die neue Verordnung werde dazu beitragen, den Acrylamid-Gehalt zu senken. Gleichzeitig werde sie Verbraucher darauf aufmerksam machen, auch beim Kochen zu Hause die Entstehung des Stoffs zu vermeiden. Warum nicht gleich Zigaretten und Alkohol verbieten?
Am Donnerstag-Nachmittag reagierte die EU-Kommission auf die Berichterstattung und wies darauf hin, dass sie „weder Pommes noch gerösteten Kaffee“ verbieten wolle. „Auch das besonders in Deutschland beliebte Pumpernickel und jedes andere Brot mit einem dunklen Teig dürfen selbstverständlich dunkel bleiben.“ Die Kommission habe nicht die Absicht, Pommes jeglicher Art zu verbieten oder die Art und Weise der Zubereitung zu verändern. Es sei jedoch nachgewiesen, dass Kartoffelprodukte, Getreideprodukte und Kaffee bei zu großer Hitze besonders hohe Werte von Acrylamid aufweisen.
Vorgabe von stärkearmen Kartoffelsorten
Die neuen Regeln richten sich in erster Linie an professionelle Lebensmittelhersteller und -verarbeiter. So wird zum Beispiel vorgegeben, Kartoffelsorten mit wenig Stärke zu verwenden und Pommes vor dem Frittieren einzuweichen oder zu blanchieren, um die Stärke auszuwaschen. Zudem sollen die Hitze beim Garen auf das Nötigste begrenzt und die Waren so wenig wie möglich gebräunt werden. Bräunungstabellen sollen einen Anhaltspunkt geben.
Doch werden die Hersteller vorgefertigter Waren auch zur Information des Endverbrauchers verpflichtet. Bei Ofen-Fritten soll zum Beispiel genau angegeben werden, bei welcher Temperatur sie fertig gebacken werden sollen und dass sie nur bis zu einer „goldgelben Farbe“ gegart und alle zehn Minuten gewendet werden sollen.
„Irrwitzige Forderung“
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband nannte die Verordnung unverhältnismäßig, überflüssig und bürokratisch. Statt Betriebe mit Auflagen zu überziehen, sollte die Öffentlichkeit aufgeklärt werden, forderte der Verband. „Die irrwitzige Forderung nach einer ‚Pommes-Ampel‘ ist sicher nicht geeignet, der um sich greifenden EU-Skepsis entgegenzuwirken.“
Der europäische Verbraucherverband BEUC wertete die EU-Maßnahmen als wichtigen ersten Schritt. Doch dringt er auf verbindliche Grenzwerte für Acrylamid in bestimmten Lebensmitteln. EU-Kommissar Andriukaitis sagte zu, diesen Vorschlag zu verfolgen.
Nach der Entscheidung vom Mittwoch folgt nun eine dreimonatige Einspruchsfrist, bevor die EU-Kommission die Vorlage endgültig annimmt. Das Inkrafttreten ist für Frühjahr 2019 geplant.
Zum Thema: