Die Wirtschaft verstärkt ihren Protest gegen die von der Großen Koalition geplanten härteren Regeln für Manager. In einem gemeinsamen Brief an die Spitzen der Koalition protestieren zwölf Aufsichtsratsvorsitzende großer deutscher Unternehmen gegen zahlreiche gesetzliche Verschärfungen, die von der Bundesregierung noch vor der Sommerpause verabschiedet werden sollen. Das fünfseitige Schreiben, das dem Handelsblatt (Freitagsausgabe) vorliegt, ging an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie an die Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU/CSU, Peter Struck und Volker Kauder, und an CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer
In dem Brief bringen die zwölf Aufsichtsratsvorsitzenden ihr Missfallen darüber zum Ausdruck, „dass die Diskussion über Managergehälter ein falsches Bild der wirtschaftlichen Verantwortungsträger reflektiert“. Die entsprechenden Pläne der Koalition seien unzulänglich, da sie „die Vertragsfreiheit der Unternehmen stark einschränken und damit von vornherein deutlich Misstrauen signalisieren“. Die Manager, angeführt vom Vorsitzenden der Corporate-Governance-Kommission Gerhard Cromme, verlangen von der Kanzlerin einen Verzicht, mindestens aber eine grundsätzliche Revision der Koalitionspläne, da sie „weit über eine sinnvolle gesetzliche Rahmensetzung“ hinausgehen. „Wir warnen nachdrücklich davor, unternehmerische Entscheidungen wie die Gestaltung von Vorstandsverträgen bis ins Detail zu verrechtlichen“, schreiben die Aufsichtsratschefs. „Derartige Bestrebungen können der komplexen Unternehmenswirklichkeit nicht gerecht werden.“
Besonderen Unmut erregt bei den Managern die Vorschrift, dass zwischen einem Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat eine zweijährige Karenzzeit liegen soll. Der tiefe Einblick von Vorständen in ihre Unternehmen helfe ihnen später bei der Wahrnehmung der Kontrollaufgaben, so die Manager. Es sei „unangemessen“, den Aktionären als Eigentümern „derart weitreichende gesetzliche Vorgaben zu machen“
Dieser Punkt ist auch in der Koalition heftig umstritten und soll bei der Anhörung am Montag zur Sprache kommen. Nach Informationen des Handelsblattes plant Unionsfraktionschef Kauder einen Vorstoß, um die Karenzzeit wieder zu kippen und so den Unmut der Wirtschaft an einem heiklen Punkt wenigstens zu dämpfen. Bei der SPD ist die Stimmungslage beim Thema Karenzzeit nicht eindeutig.
Neben Cromme bringen in dem Schreiben unter anderem Ulrich Hartmann (Eon), Martin Kohlhaussen (Hochtief), Gerd Krick (Fresenius), Joachim Milberg (BMW), Manfred Schneider (Bayer, Linde und RWE), Gunter Thielen (Bertelsmann), Eggert Voscherau (BASF) sowie Albrecht Woeste (Henkel) ihren Protest zum Ausdruck
Eine Arbeitsgruppe der Großen Koalition hatte sich Anfang Mai auf die wesentlichen Punkte des „Gesetzes über die Angemessenheit von Vorstandsvergütungen“ verständigt. Für kommenden Montag ist eine Sachverständigenanhörung im Bundestag geplant.