Ginge es um die Wahl der Europäischen Verfassung, würden sich 74 % der Bevölkerung einen Volksentscheid wünschen. Daraus kann man vermuten, dass die Regierung wissentlich Missinformation betrieben hat, um ihren Wunsch gegen den Willen der Bevölkerung durchzusetzen.
Die Umfrage hat auch ergeben, dass die Bevölkerung nicht gegen Europa ist, sondern nur dagegen ist, in so entscheidenden Fragen übergangen zu werden.
Nach Meinung von 61 % der Befragten sollte ein verantwortlicher EU-Politiker wie z.B. der EU-Präsident von der Bevölkerung in ganz Europa gewählt werden, wenn es um eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik geht. Libertas ist der Meinung, dass ein so großer Schritt für Europa, sofern er nicht offen kommuniziert wird, in der Bevölkerung Fragen über die Transparenz und politischen Absichten aufwirft. Schließlich ist das Zusammengehen in der Außen- und Verteidigungspolitik ein alter Europäischer Traum, der sicherlich Rückhalt in der Bevölkerung gewinnen könnte.
Die Umfrage zeigt weiterhin, dass im Falle eines sicherheits- und außenpolitischen Zusammenschlusses die Mehrheit der Befragten für eine Europäische Berufsarmee wären. Betreffend dem Nahost Konflikt bevorzugen 63 % der Bevölkerung die EU in einer neutralen Vermittlerrolle und nur 6 % sind für eine gemeinsame Nahostpolitik mit den Amerikanern. Wäre die EU in einen Krieg verwickelt, würde nur jeder Fünfte die ausschließliche Nato-Einbindung ausreichend finden, während sich 58 % ein eigenes Europäisches Konzept oder einen Europäischen Solidarverbund wünschen.
Die Umfrageergebnisse zeigen deutlich, dass eine Offenheit und ein Interesse für einen stärkeren Europäischen Zusammenschluss bestehen, und dies macht die Frage umso kritischer warum die Politik diese Kernzielsetzung des Lissabonner Vertrages nicht kommuniziert hat. Die Tatsache, dass Teil 1 des „Treaty on the European Union“ (TEU), die Europäische Union formal gründet, weiterentwickelt aus der Wirtschaftsgemeinschaft EG (EC), ist von größter geschichtlicher Bedeutung und es ist ein Armutszeugnis für Offenheit und Kommunikationsfähigkeit, dass die Regierung hierzu ihre Absichten nicht klar und deutlich mitgeteilt und begründet hat.
Erst der Einspruch von Dr. Peter Gauweiler vor dem Bundesverfassungsgerichtshof (neben drei weiteren anhängigen Klagen ähnlichen Inhalts) und die Initiative von Libertas, geführt von Declan Ganley aus Irland, und die eindeutige Haltung vom Tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus machen auf diese Fragen aufmerksam. Der Widerstand wird rhetorisch irreführend als europafeindliche Haltung kritisiert, wobei die Wahrheit genau das Gegenteil ist. Nämlich dem Wunsch nach einem starken, demokratischen und transparenten Europa.
Die Umfrageergebnisse in der von Libertas in Auftrag gegebenen Meinungsumfrage zeigen, dass die Bürger reif und interessiert sind, an einem stärkeren, geeinigteren, aber demokratischen und transparenten Europa.
Die Vermutung liegt nahe, dass die Übertragung von Zuständigkeit und Macht auf den Europäischen Rat und dem vom Europäischen Rat zu wählenden neuen Europäischen Präsidenten so gestaltet werden sollte, dass in Wirklichkeit keine Macht abgegeben wird, sondern das Gegenteil erreicht wird, und zu diesem Zweck auf demokratische Kontrollen auf höchster Europäischer Ebene bewusst verzichtet werden soll.
Eine gängige Argumentation des kritischen Mittelfeldes ist: „Lass uns den Vertrag voran bringen und ihn anschließend verbessern“, dies unterliegt ebenfalls einer großen Fehlinformation und Fehleinschätzung. Denn um nach einer Ratifizierung den Lissabon Vertrag noch einmal verändern zu wollen, braucht man 80 % aller Länder, umgekehrt um etwas aufhalten zu wollen, braucht man mindestens 20 %, d. h. mindestens 6 Länder.
D.h. ändern einerseits und etwas aufzuhalten andererseits wird praktisch nicht mehr möglich sein.
Die Handschrift des Lissabon Vertrags ist: „Wasch mich aber mach mich nicht nass.“ Giscard D’Estaing sagt deutlich: „Der Lissabon Vertrag ist fast wortgleich mit der einmal abgelehnten Europäischen Verfassung“, und es ist bemerkenswert, dass diese offensichtliche Tatsache von den Medien und der Politik nicht deutlich gesagt wird.
Die Politik versucht also nicht nur durch Umetikettierung den Volksentscheid zur EU-Verfassung zu umgehen, sondern hat wiederum, und dieses Mal bewusst, nicht ausreichend aufgeklärt, um was es bei dem Lissabon Vertrag eigentlich geht.