Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank Norbert Walter erwartet in den kommenden Jahren für das deutsche Wirtschaftswachstum niedrigere Zuwachsraten als in der Vergangenheit. „Die Trendwachstumsrate der Jahre 2002 bis 2007 wird nicht mehr zurückkehren, zumindest nicht in den nächsten fünf bis sechs Jahren“, sagte Walter im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin FOCUS-MONEY. „Deutschland wird lange nicht mehr das Wertschöpfungsniveau erreichen, das wir in den vergangenen Jahren geschafft haben. Die Nachwehen der Krise werden das Wachstum der nächsten Jahre erheblich dämpfen.“ Eine leichte Besserung sei aber dennoch in Sicht: „2010 wird die deutsche Wirtschaft sich wieder fangen und eine schwarze Null schreiben. Niedrige Zinsen, sinkende Rohstoffpreise und die fiskalpolitischen Maßnahmen werden dafür verantwortlich sein. Die Inflation ist auch 2010 so gut wie nicht vorhanden“, so Walter.
Um die Geldentwertung macht sich der Deutsche-Bank-Chefökonom keine Sorgen. „Weil die EZB wirklich und dauerhaft unabhängig ist und weil sie ein klares und eindeutiges Mandat und Konzept für Preisniveaustabilität hat, wird es eine nachhaltige Beschleunigung der Inflationsrate über zwei Prozent nicht geben. Soviel steht fest. Damit haben die Inflationsneurotiker unrecht, die behaupten, die Geldentwertung steige hierzulande auf zweistellige Raten“, sagte Walter im FOCUS-MONEY-Interview. „Genauso wenig werden aber die Deflationsphantasten richtig liegen, die von dauerhaft sinkenden Preisniveaus sprechen, nur weil die Inflationsrate in Deutschland mal ein halbes Jahr unter der Wasserlinie liegt. Beides ist Quatsch!“
Den steigenden Schuldenberg der Bundesrepublik Deutschland will Walter mit Subventionskürzungen finanzieren. „Das ganze geht entweder über Steuererhöhungen – was derzeit kaum durchsetzbar ist – oder über Transfer- und Subventionskürzungen. Die Branchen, die diese Drogen erhalten haben, werden sich natürlich hartnäckig gegen Kürzungen wehren. Deswegen werden auf uns sehr unruhige politische Zeiten zukommen. Das ist aber unvermeidlich“, sagte Walter. Die Kürzungen würden von der Agrarindustrie bis hin zum Kulturangebot reichen. „Warum sollte die Mittelschicht die Opernplätze für die Reichen bezahlen?“, fragte Walter.