Die deutschen Großbanken stehen nach Informationender „Financial Times Deutschland" (Dienstagsausgabe) vor einer deutlichenEntlastung ihres Eigenkapitals. Vor allem die teilstaatliche Commerzbank, aberauch Deutsche Bank und Postbank werden von einer geplanten Neuregelung derEigenkapitalberechnung profitieren. Damit hätten sie wieder mehr Spielraum fürdie Vergabe von Krediten, die mit Eigenkapital unterlegt werden müssen.
Konkret geht es um die Neubewertungsrücklage – ein Bilanzposten, derdurch die Finanzkrise bei vielen Banken tiefrote Zahlen ausweist und derenEigenkapital auffrisst. Vergangene Woche hat die Finanzaufsicht BaFin unteranderem alle deutschen Bankenverbände per E-Mail um eine Stellungnahme zu einergeplanten Änderung der relevanten„Konzernabschlussüberleitungsverordnung“ gebeten, die diesesProblem des Eigenkapitalschwunds beheben soll.
In der Neubewertungsrücklage werden Wertveränderungen von Papieren dargestellt,die im Bilanzposten „available for sale“ entstehen. Verliert etwaeine Anleihe, die die Bank in diesem Bestand hält, an Wert, so muss sie denVerlust derzeit in der Neubewertungsrücklage negativ auf das Eigenkapitalanrechnen. Stellt sich die Wertminderung als dauerhaft heraus, muss sie alsVerlust durch die Gewinn- und Verlustrechnung gezogen werden. Ist dieNeubewertungsrücklage positiv, so kann sie derzeit zu 45 Prozent als Ergänzungskapitalauf das Eigenkapital angerechnet werden. Ist sie negativ, muss sie zu 100Prozent vom Kernkapital abgezogen werden.
Etwa die Hälfte der EU-Staaten verfährt so. Die anderen Staaten, darunterGroßbritannien und Frankreich, rechnen die Neubewertungsrücklage nicht auf dasEigenkapital an. Ihnen will Deutschland sich anschließen – und so dieaufsichtsrechtlichen Eigenkapitalquoten der betroffenen Banken teils massiverhöhen. So hatte die Commerzbank Ende März minus 2,9 Mrd. Euro in derNeubewertungsrücklage stehen, die Deutsche Bank minus 921 Mio. Euro, diePostbank minus 863 Mio. Euro.
Einige Beobachter werten die vom Ministerium unterstützte Reform als „LexCommerzbank“, da die teilstaatliche Bank ihr wichtigster Profiteur wäre.Die Landesbanken profitieren nicht, da sie ihr aufsichtsrechtlichesEigenkapital nicht nach dem Rechnungslegungsstandard IFRS sondern noch nach demHandelsgesetzbuch (HGB) berechnen.