Bereits im Juli 2007gab es erste Anzeichen der Krise, als die Mittelstandsbank IKB vonStaat und dem Investmentriesen Lone Star vor dem Zusammenbruch gerettetwurde.
Banken hatten sich mit verbrieften Hypothekenschuldenverzockt, damit ihre Eigenkapitaldecke perforiert und letztlich dieEinlagen ihrer Kunden gefährdet.
Riesige staatliche Rettungspakete verhinderten die Kernschmelze des Weltfinanzsystems.
Was lief schief?
- Die Notenbanken, allen voran die FED, halfen mit der Politik des billigen Geldes die Immobilienblase zu kreieren.
- Die Bush-Regierung versprach jedem Bürger sein eigenes Heim.
- Kredite wurden leichtfertig selbst an nicht kreditwürdige Schuldner vergeben.
- Banken wälzten die Kredit-Risiken durch Verbriefung und Verkauf in alle Welt an andere Banken und Anleger ab.
- Ratingagenturen stuften toxische Wertpapiere als todsicher ein.
- Fragwürdige Renditezielen, Anreiz- und Bonussysteme für Bankmanager und Berater legten die Basis dafür, Investoren in hochriskante Anlagen zu locken.
- Das Platzen der Immobilienblase sorgte für weltweit für eine Welle nie dagewesener Geldvernichtung
Alldies wurde irgendwann offensichtlich. Die Politik debattierte übergrundlegende Reformen des Finanzsystems. Man war sich einig, dass einsolches weltweites Debakel nie wieder passieren dürfe. Nun, wie ist dieLage, knapp zwei Jahre nach Beginn der größten Wirtschaftskrise seitder Großen Depression?
Geldschwemme
Die Notenbankenbekämpfen Feuer mit Öl. Die Geldvermehrung kennt keine Grenzen mehr.Das Geld gelangt zwar derzeit nicht ins System, weil Kredite entwedernicht vergeben oder nicht in ausreichendem Maß nachgefragt werden.Sollte die Konjunktur weltweit wieder anziehen, wäre aber der monetäreBoden für eine neue Blase bereits gelegt.
Manager-Boni
Diegroßen US-Banken befreiten sich zügig von den Staatsbeteiligungen,unter anderem, um die „bewährten“ Vergütungs- und Anreizsysteme fürBankmanager nicht zu gefährden. Die Deutsche Bank setzte zuletztbereits wieder Rückstellungen für Boni herauf. 17 Prozent wurden imzweiten Quartal mehr für Personalkosten ausgegeben. Selbst die BayernLB kann offensichtlich nicht auf die leistungsabhängige Vergütung zurMotivation der Manger verzichten, wie Instituts-Chef Michael Kemmererkürzlich in einem Interview offenbarte.
Rating-Agenturen
Esgibt weiterhin kein Konzept, wie man verhindern will, dass dieAgenturen Produkte im Sinne der Institute bewerten. DasFinanzierungsdilemma ist nicht gelöst. Ratingagenturen werden weiterhinvon den Unternehmen bezahlt, deren Finanzinstrumente sie bewerten.Alternative Finanzierungskonzepte: derzeit chancenlos.
Das große Rad dreht sich wieder
GoldmanSachs, J.P. Morgan, Bank of America, Citigroup: Die amerikanischenGroßbanken gaben zuletzt wieder durchweg positive Geschäftszahlen fürdas zweite Quartal bekannt. Die Prognosen der Analysten wurden sogardeutlich übertroffen. Deutsche-Bank-Chef Ackermann erreicht zuletztzwar nicht die Traumrendite von 25 Prozent, 16 Prozent Return auf dasEigenkapital wie nun gemeldet, sind aber auch kein Pappenstil. 1,1Milliarden Euro erwirtschaftete der Bankenkonzern mit dem deutschenNamen im zweiten Quartal 2009. Investment Banking, vor einigen Monatennoch ein tot geglaubtes Geschäftsmodell, sorgt nun schon wieder bei denBetreibern für sprudelnde Gewinne und verdeckt bei der Finanzelite dieanhaltenden Probleme des Bankensystems.
Kern-un-gesund
Denneins darf man nicht vergessen: Die Banken-Gewinne wurden auch zuletztnicht im Kerngeschäft erzielt. Alle genannten Banken meldeten höhereBelastungen durch Kreditausfälle, als im Quartal zuvor. Alleine dieBank of America musste erneut 13,4 Milliarden US-Dollar aufgrund vongeplatzten Krediten abschreiben.
Passend dazu gestaltet sichdie Lage vieler kleiner und mittlerer Banken in den USA, die nicht wiedie großen Finanzhäuser das große Rad mit Eigenhandel (Spekulation mitallem möglichen) und dem boomenden Anleihengeschäft drehen. Nun sind esmittlerweile bereits 64 Institute, die in diesem Jahr in die Pleiteschlitterten, und damit doppelt so viele, wie 2008 insgesamt.
Mitdem Mittelstandsfinanzierer CIT Goup Inc. (Bilanzsumme: 75 Mrd.US-Dollar) wackelte ein bedeutendes US-Finanzinstitut. Die größteInsolvenz seit dem Zusammenbruch der Washington Mutual (kurz nach derLehman-Pleite) konnte kurzfristig durch eine Kapitalspritze derHaupteigner verhindert werden. Aktuellen Berichten zufolge könnte dasUnternehmen trotz der Milliardenstütze durch die größten Anteilseigneraber doch noch in die Insolvenz abrutschen.
Mit demwahrscheinlichen Aus der Guaranty Financial Group droht nun zudem diegrößte US-Bankenpleite des Jahres (Bilanzsumme: 16 Mrd. US-Dollar).
Hohe Kreditausfallrisiken
WeitereGefahren lauern ausgerechnet aus dem reichen Ölsaat Saudi-Arabien. Inder Phase des Baubooms in Nahost haben sich zwei arabischeFamilien-Unternehmen hoch verschuldet. Rund 100 Gläubigerbanken sindnach dem Immobiliencrash nun mit Ausfallrisiken in Höhe von 15,7Milliarden US-Dollar konfrontiert.
Durch die zunehmendeArbeitslosigkeit können US-Bürger ihre Kreditkartenschulden immerhäufiger nicht begleichen. Der Abschreibungsbedarf bei denKreditkartenunternehmen nimmt drastisch zu. Firmen wie American Express(Amex) müssen bereits Ausfallquoten von über 10 Prozent verkraften.Erschwerend kommt ein genereller Rückgang der Kreditkartenumsätzehinzu. Amex meldete für das zweite Quartal ein Minus von 18 Prozent.Die Folge: 11.000 der insgesamt rund 60.000 Arbeitsplätze solleneingespart werden. Nichtsdestotrotz zahlte das Unternehmen kürzlich 3,4Milliarden an Staatshilfe zurück. Amex hatte zuvor die Umwandlung ineine Geschäftsbank veranlasst, um vom US-Rettungspaket profizieren zukönnen.
Staatspleiten weiter möglich
In Osteuropalauern nach wie vor weitere Gefahren. Lettland, Litauen, Estland,Ungarn und die Ukraine gehören zu den Staaten, die ihr Wachstum zuletztstark mit Schulden finanzierten und denen man einen Staatsbankrottzutrauen muss. Auch hier droht massiver Abschreibungsbedarf für dierund 100 involvierten Banken
Pleitewelle im deutschen Mittelstand
Hierzulandesteigen die Risiken von Firmenpleiten im dritten und vierten Quartal.Und beim Thema Kredite für den Mittelstand stehen die Banken vor einemDilemma. Bei Ausbruch der Krise warf man den Banken vor, sie hättenleichtfertig Kredite vergeben und nun verlangt man von ihnen, genaudies wieder zu tun, um eine Kreditklemme in Deutschland zu verhindern.
Wennman alle diese Informationen genau analysiert, dann muss man zumSchluss kommen: Das Ende der Bankenkrise ist längst nicht in Sicht. Diesystemischen Risiken sind unverändert hoch. Im Grunde hat sich seit derKrise nichts geändert. Das Schuldenproblem wird mit neuen Schuldenbekämpft. Das dicke Ende kommt noch.
P.S.: Der Deutsche Derivate Verband veröffentlicht wieder Credit Spreads für Banken. Sie sind ein Indikator für die Bonität der Institute.