Der Arzt und Herausgeber des pharmakritischen „arznei-telegramms“, Wolfgang Becker-Brüser, kritisiert die geplante Schweinegrippe-Impfung. „Was wir hier erleben, ist ein Großversuch an der deutschen Bevölkerung“, warnt Becker-Brüser in der am Montag erscheinenden Ausgabe des SPIEGEL.
Der Hintergrund ist, dass die Sicherheitstests der Musterimpfstoffe nicht besonders umfangreich sein mussten.
Lediglich häufige Nebenwirkungen, die mindestens bei einem von 100 Geimpftenauftreten, sollten erkannt werden. Bei 25 Millionen Bundesbürgern, die im erstenDurchgang geimpft werden sollen, bedeutet das rechnerisch: Fast 250 000 Menschen könnten eine schlimme Impfreaktion erleiden, ohne dass dies in den vorangegangenenSicherheitsstudien aufgefallen wäre.
Kritik an der bisher beispiellosen Impfkampagne kommt auch aus den Ländern. „Wenn der Verlauf der Schweinegrippe so harmlos bleibt wie jetzt, wäre ein Massenimpfprogramm nicht gerechtfertigt“, sagt etwa Matthias Gruhl, Abteilungsleiter Gesundheit in Bremen und mitverantwortlich für die Pandemieplanung.
Nach Gruhl basieren alle Anstrengungen „auf der Annahme, dass eine zweite, viel schlimmere Welle der Schweinegrippe auf uns zurollt“. Anzeichen dafür gebe es derzeit aber nicht.
Die Kosten für die Impfung könnten dabei deutlich höher ausfallen als vom Gesundheitsministerium bisher angegeben. Nach Informationen des SPIEGEL hat allein der Impfstoff beim Pharmakonzern GlaxoSmithKline 410 Millionen Euro gekostet.
Die vom Gesundheitsministerium angegebenen Gesamtkosten von rund 650 Millionen Euro sind nur realistisch, wenn die Impfung von den Gesundheitsämtern vorgenommen wird. Wenn dagegen die niedergelassenen Ärzte die Impfung durchführen und der Impfstoff über die Apotheken bestellt wird, würde die Impfung mehr als eine Milliarde Euro kosten.