Ein Mediziner der Universität Bonn ist mit gefälschten Studien aufgeflogen. Wie der
SPIEGEL in seiner neuesten Ausgabe berichtet, geht es dabei um eine
Veröffentlichung in dem angesehenen Fachmagazin „Nature Genetics“ aus dem Jahr
2003, die seit Erscheinen über 180-mal zitiert wurde und im aktuellen Heft zurückgezogen
werden musste. In der vielbeachteten Studie wird angeblich nachgewiesen,
dass eine bestimmte genetische Mutation Epilepsie auslöst. Doch wie sich
nach Recherchen des Direktors der Bonner Klinik für Epileptologie, Christian Elger,
herausstellte, fälschte der Mediziner Armin H., 46, die Daten von zwei der drei untersuchten
Familien, in denen diese Mutation angeblich gehäuft vorkam. Unter anderem
hat der schon im Jahr 2007 entlassene Wissenschaftler Blutproben einer
einzigen Person gleich mehreren Familienmitgliedern zugeordnet. Er ließ die Probe
im Labor mehrfach analysieren. „Armin H. hat aktiv Ergebnisse gefälscht“, urteilt
Neurologe Elger gegenüber dem SPIEGEL. Als der Institutsdirektor die Familien erneut
untersuchen ließ, fiel auf, dass nur drei statt fünf Personen die Mutation trugen;
zudem war von diesen dreien auch nur einer Epileptiker und nicht, wie in der
Publikation ausgewiesen, alle fünf. In der zweiten Familie wiederum litten nur zwei
statt wie angegeben acht Personen an der Nervenkrankheit. Der Betrug fiel auch
auf, weil andere Forschergruppen zwar ebenso auf die Mutation gestoßen waren,
diese aber nicht bei allen Betroffenen tatsächlich zur Epilepsie führte. „Sie spielt
bei der Erkrankung zwar eine gewisse Rolle, sie ist aber nicht die entscheidende
Ursache“, erklärt Elger, „wir haben uns bei allen Wissenschaftlern, die sich mit
dieser Veröffentlichung beschäftigt haben, entschuldigt.“ Myles Axton, der Chefredakteur
von „Nature Genetics“, lobt die vorbildliche Korrektur der falschen
Ergebnisse: „Es ist nur beschämend, dass es so lange gedauert hat.“ Armin H. lehnte
als einziger der insgesamt 25 Autoren der inkriminierten Studie ihre Rücknahme
ab. Der Ombudsmann der Uni Bonn hat in dem Fall bereits ermittelt. Armin H.
ist für die Universität nicht mehr erreichbar. Auch der SPIEGEL konnte ihn für eine
Stellungnahme nicht ausfindig machen.
DER SPIEGEL 38/2009