Niemals zuvor seit seiner Existenz erreichte die Wachstumsrate des Indikators mit 22,9 Prozent einen derart hohen Wert wie aktuell (folgender Chart).
Stehen die Weltmärkte demnach vor einem gigantischen Comeback? Die Aktienmärkte haben seit März 2009 einen deutlichen Anstieg vollzogen. S&P 500 und DAX konnten knapp 60 Prozent zulegen, der Banken-Index stieg um 160 Prozent und der XAU-Goldminen-Index gar um 170 Prozent.
An dieser Stelle sollte man die Frage stellen, ob dieser Anstieg nicht bereits einen Großteil der laufenden konjunkturellen Erholung vorwegnimmt.
Der ECRI-Leading-Index hat bisher 55 Prozent seiner Abwärtsbewegung wieder aufge-holt, der Dow Jones Index liegt hier bei etwa 45 Prozent. Damit zeigt der Dow Jones Index an, dass die Aktienmärkte auf der Höhe der Zeit sind. Man sollte nicht den Fehler machen, ECRI und Dow Jones Index absolut gleich setzen zu wollen. In 2003 erholte sich der ECRI ebenfalls stärker als der Dow Jones Index. Eine weitere Frage ist, ob das zyklische Erholungspotential ausreicht, um die alten Höhen wiederzugewinnen und dazu noch eine Schippe draufzulegen. Solche Muster konnten nach dem zweiten Weltkrieg regelmäßig beobachtet werden.
Bis vor kurzem galt der amerikanische Verbraucher als „unkaputtbar“. Wie der folgende Chart zeigt, ist der Absturz der realen Einzelhandelsverkäufe im Jahr 2008 derart drama-tisch, dass er auf das Niveau des Jahres 1999 zurückfiel.
In den Jahren 1973/74 und 1979 bis 1983 kam es zu a,b,c – Reaktionen (siehe Kreise obiger Chart). Das bedeutet, dass nach dem ersten Einbruch eine nicht nachhaltige Erholung einsetzte, der ein zweiter Einbruch der Einzelhandelsverkäufe folgte. Ein ähnliches a,b,c – Muster wurde in den 30er Jahren im Bezug auf das Wachstum der US-Industrieproduktion registriert (nächster Chart).
Damals brach die Industrieproduktion vom Sommer 1929 bis zum Herbst 1930 ein. Sie erholte sich anschließend über einen Zeitraum von einem knappen Jahr, bevor ab Mitte 1931 ein zweiter Einbruch erfolgte. Dieser erreichte Mitte 1932 sein finales Tief. Was spricht dafür, das sich die Weltwirtschaft weder in einer V-, W-, J-, U- oder sonstigen Erholung befindet, sondern in einer a,b,c-förmigen Abfolge?
Seit 1970 ist die US-Kapazitätsauslastung in ihrer Tendenz fallend.
In dieser Dekade wurden zwei scharfe Einbrüche registriert. Der erste Einbruch (2000 bis 2002) konnte nicht mehr vollständig aufgeholt werden, der zweite Einbruch (2008/09) führte die Kapazitätsauslastung in den Bereich unter 70 Prozent zurück. Dort wird sie nicht bleiben, aber es ist fraglich, ob die Werte aus den 70er oder 80er Jahren in den kommenden Jahrzehnten jemals wieder erreicht werden können. Es sein denn, die US-Industriekapazitäten werden reihenweise demontiert. Betrachtet man den folgenden Chart der US-Industrieproduktion seit 1920, so könnte man sogar zu dem Schluss kommen, dass – nach rasanten Sprüngen der Industrieproduktion in den 30er und 40er Jahren und eines sich seit den 70er Jahren stets abflachenden Wachtums – das Ende des Wachstums um die Jahrhundertwende herum erreicht wurde. Jedenfalls bewegt sich die US-Industrieproduktion auf dem Niveau des Jahres 1999.
Zehn Jahre Stagnation, das ist historisch betrachtet einmalig. In den 30er Jahren kam es zwar auch zu einem Einbruch, aber bereits im Jahr 1937 konnte der Stand von 1929 leicht übertroffen werden. Allerdings zog erst der Eintritt der USA in den zweiten Weltkrieg die US-Industrieproduktion aus ihrem Loch heraus. Klar ist, dass die US-Industrieproduktion für das US-BIP eine immer kleinere Rolle spielt (derzeit etwa 20 bis 25 Prozent). Man könnte hier einiges durch die Verlagerung von Industriearbeitsplätzen in die Schwellenländer erklären.
Eine Größe, die für die US-Wirtschaft in ihrer Gesamtheit eine große Rolle spielt, ist – neben dem oben genannten US-Einzelhandelsektor – der Zuwachs der Arbeitsplätze im Industrie- und Dienstleistungssektor („Nonfarm Payroll“). Nachfolgend stellen wir die Nonfarm-Payroll-Kurve in absoluter Form dar (roter Verlauf). Die Zahl der Arbeitsplätze wuchs in den USA stetig mit einer bemerkenswerten Konstanz.
Diese Konstanz endete jedoch zu Beginn dieser Dekade. Wir haben eine Trendgerade eingezeichnet (blau), die dies veranschaulicht. Das US-Arbeitsplatzwachstum hat sich klar verlangsamt.
Fazit: Die aktuelle Erholungsphase dürfte die Form einer ordentlichen Zwischenerholung annehmen. Dabei können Wachstumsraten im Vergleich zum Vorjahresquartal erzielt werden, die sich durchaus sehen lassen können. Insbesondere das Q1 2010 sollte – allein wegen des Basiseffekts – als herausragendes Quartal in die Annalen eingehen. Dies ändert aber nichts daran, dass die Gefahr einer rezessiven Phase in a,b,c - Form ohne Zweifel vorhanden ist. Die Wachstumstrends für die USA, die ihren Ursprung in dem gewaltigen Transmissionsmechanismus 2. Weltkrieg hatten, laufen langsam aber sicher aus. Neue Impulse sind nicht in Sicht – diese werden in anderen Weltregionen gesetzt. Mittelfristig sind in den USA schmerzhafte Anpassungsprozesse erforderlich, die sich mit dem Wort „Deleveraging“ am besten beschreiben lassen. Dieser Schrumpfungsprozess gilt nicht nur für die Verschuldung privater und öffentlicher Haushalte, sondern auch für Fabriken und Einkaufszentren. In unserem Ausblick für das Jahr 2009 zeigten wir den folgenden Chart und schrieben, dass die wirtschaftliche Dynamik, dies sich seit der industriellen Revolution entfalten konnte, der Vergangenheit angehört.
Verfolgen Sie die Entwicklung der Finanzmärkte in unserer handelstäglichen Frühausgabe. |
Gewaltige Konjunkturhausse voraus?
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