Bereits bekannt ist, dass das Geschäft wie der erste außergewöhnliche Ein-Jahres-Tender vom Juni ein Festzinsgeschäft zu 1% ist, das voll zugeteilt wird. Offen ist damit sein Volumen, das der Höhe der Bietungen der Banken entsprechen wird. Sicher ist hier nur, dass das enorme Volumen des ersten Ein-Jahres-Tenders von 442 Mrd. Euro, die höchste jemals von der EZB in einem Geschäft mit längerer Laufzeit zugeteilte Summe, deutlich unterboten wird. Denn das Bankensystem ist bereits mit Liquidität überschwemmt. Laut Reuters erwartet der Markt im Durchschnitt ein Volumen von 125 Mrd. Euro. Allerdings ist die Bandbreite der Marktprognosen mit 50 Mrd. bis 300 Mrd. Euro recht weit. Ein vergleichsweise hohes Volumen hätte negative Konsequenzen für die EZB und letztlich auch für die Märkte.
Drohender Zugzwang
Zwar hilft die lange Verfügbarkeit der Liquidität den Banken. Sie begrenzt aber die Möglichkeiten der Währungshüter, das Zinsniveau zu steuern und insbesondere sich die Option offenzuhalten, den Leitzins bei Bedarf wieder anzuheben, wie die Commerzbank in einer Research-Studie erläutert. Das Institut hält ein Volumen von 85 Mrd. Euro für unproblematisch, eine Größenordnung ab 200 Mrd. Euro jedoch für kritisch. Wurden vor der Lehman-Krise noch 70% des Bedarfs der Banken an Zentralbankgeld über Ein-Wochen-Tender gedeckt, sind es derzeit nur noch 13%. Zwei Drittel entfallen auf den Ein-Jahres-Tender vom Juni. Der Anteil des auf Jahressicht gesicherten Liquiditätsbedarfs der Banken würde bei einer üppigen Zuteilung einen noch größeren Anteil erreichen. Die Überschüsse führen außerdem dazu, dass Tagesgeld nur noch bei 0,35% und der Drei-Monats-Euribor bei nur noch 0,75% und damit unter dem Leitzins von 1% liegt. Die EZB könnte somit bei einem sehr hohen Volumen recht bald gezwungen werden, aktiv Liquidität aus dem Markt abzuschöpfen. Die Commerzbank nimmt an, dass sie dies spätestens ab 2010 tun würde.
Das aber könnte zu Irritationen an den Märkten führen. Denn die geldpolitischen Notmaßnahmen haben ebenso wie die Konjunkturankurbelungspakete erheblich zur Erholung von Wirtschaft und Finanzmärkten beigetragen. Es geht die Sorge um, dass die Erholung wieder in sich zusammenfallen könnte, wenn die Maßnahmen wieder zurückgefahren werden. Ein Vorgeschmack darauf wurde in der gerade beendeten Woche gegeben. Vier führende Notenbanken, darunter die US-Zentralbank Fed und die EZB, teilten mit, dass sie ihre Dollar-Liquiditätshilfen bis Ende Januar 2010 fortsetzen werden. Allerdings erklärten sie, dass sie die Zufuhr drosseln werden, u.a. durch kürzere Laufzeiten und niedrigere Volumina. Die Aktienmärkte reagierten umgehend mit nachgebenden Kursen.
Beruhigendes Signal
Tatsächlich sind die Exit-Befürchtungen jedoch übertrieben. Die Drosselung der Dollar-Liquiditätszufuhr ist alles andere als ein Alarmsignal. Die Währungshüter wurden nicht von der Furcht getrieben, dass die Inflation stark anziehen könnte. Vielmehr reagierten sie auf einen deutlich nachlassenden Bedarf der Banken an Dollar-Liquiditätshilfen. Das ist ein positives Signal. Zudem haben die Währungshüter mehrfach betont, dass sie die Hilfsmaßnahmen noch auf absehbare Zeit aufrechterhalten werden, weil sie dies nach wie vor für notwendig halten und erst dann behutsam gegensteuern werden, wenn die Erholung auf einer sichereren Basis steht. Sorgen machen müssten sich die Investoren erst, wenn die Inflation beginnen sollte stärker anzuziehen und damit die Währungshüter zu schnelleren und stärkeren Gegenmaßnahmen zwingen würde. Dafür gibt es derzeit jedoch keine Anzeichen.