ifo-Chef Hans-Werner Sinn rechnet mit einer weiteren Verschärfung der Kreditklemme infolge der Eigenkapitalverluste der Banken. Dies könne gerade in Deutschland den möglichen Aufschwung abwürgen, warnt Sinn in einem Gastbeitrag für die WirtschaftsWoche“.
Ende 2007, also vor Beginn der eigentlichen Krise, habe das deutsche Bankensystem laut Sinn über ein Eigenkapital von 306 Milliarden Euro verfügt. Davon seien mittlerweile 69,4 Milliarden Euro auf Finanzprodukte abgeschrieben. Rechne man diese Zahl mit jüngsten Angaben des Internationalen Währungsfonds hoch, wonach in Westeuropa bis zum zweiten Quartal erst 40 Prozent der erforderlichen Abschreibungen in den Bankbilanzen realisiert wurden, komme man bei den deutschen Banken „auf einen restlichen Abschreibungsbedarf von 93,4 Milliarden Euro.“
Sinn: „Es ist somit zu erwarten, dass die deutschen Banken brutto (ohne Berücksichtigung von Hilfsmaßnahmen und Gewinneinbehaltungen) etwa 163 Milliarden Euro oder 53 Prozent ihres Eigenkapitals verloren haben – oder noch verlieren werden.“ Der ifo-Präsident weiter: „Das sollte all jenen zu denken geben, die jetzt schon wieder mit geschwellter Brust durch das Land ziehen und die Notwendigkeit von Staatsbeteiligungen weit von sich weisen. Pokergesichter sind kein Ersatz für eine nachhaltige Geschäftspolitik. Die Bankenkrise ist noch lange nicht ausgestanden.“
Sinn fordert in der WirtschaftsWoche „wie in den USA Stresstests für die Banken“ und drängt darauf, notleidende Kreditinstitute zu zwingen, mehr Eigenkapital aufzunehmen. „Wenn die Banken neues Eigenkapital nicht am Markt einsammeln können, muss es vom Staat kommen.“
Noch immer lägen von den 80 Milliarden Euro, die der Bund als Eigenkapital zur Verfügung gestellt hat, 60 Milliarden Euro ungenutzt herum, kritisiert Sinn. „Ich begreife nicht, dass es im liberalen Amerika möglich war, die Rekapitalisierung der Banken auf dem Wege der staatlichen Beteiligung zu erzwingen, während sich das staatsgläubige Deutschland als handlungsunfähig erweist.“