[Börsen-Zeitung] Dieser Kampf hat nur Verlierer hervorgebracht: Im eskalierten Streit zwischen Bundesbankchef Axel Weber und dem widerspenstigen Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin lassen nicht nur dieStreithähne Federn. Die gesamte Institution steht reputationstechnisch ziemlich entblößt da.
Dem ehemaligen Berliner Finanzsenator wurden ordentlich die Flügelgestutzt. Dem notorisch provokanten Sozialdemokraten, der mit einem umstrittenen Interview für Disharmonie im Bundesbankvorstand gesorgt und eine schrille Debatte in der Öffentlichkeit angestimmt hatte, wurden Teile seiner Zuständigkeiten entzogen. Von einer Entmachtung Sarrazins kann aber ebenso wenig die Rede sein wie von einem Sieg Webers in dem Zwist. Denn der oberste Währungshüter Deutschlands musste deutlich zurückstecken, die Neuordnung der Vorstandszuständigkeiten ist nur ein fauler Kompromiss.
Ursprünglich hatte Weber dem spektakelfreudigen Sarrazin den Rücktritt nahegelegt - um Schaden von der Institution fernzuhalten. Nachdem diese Idee wenig Aussicht auf Erfolg hatte, ruderte Weber zurück. Sarrazin sollte, so sickerte durch, zum IT-Chef degradiert werden und seine Zuständigkeiten für Bargeld und Risiko-Controlling verlieren. Am Ende bleibt Sarrazin aber "Chief Risk Officer" - und Webers Image als durchsetzungsstarker Manager ist zumindest angekratzt. In seinem Bewerbungsschreiben für die Nachfolge von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, der Ende 2011 aus dem Amt scheidet, macht sich das nicht gut.
Als wäre der öffentliche Krawall nicht schon genug gewesen, setztedie Notenbank gestern noch einen drauf: Der Vorstand der Bundesbank habe sich in einer Aussprache auf die Grundlagen für eine "weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit verständigt", ließ man offiziell mitteilen. Wer's glaubt, wird vielleicht selig - er wäre aber auch reichlich naiv. So fließend können die Grenzen zwischen Peinlichkeit und Realsatire offenbar sein.
Der gesamte Bundesbankvorstand hat durch diese Posse viel öffentlichen Kredit verspielt. Der Ruf der Behörde ist beschädigt. Dass Sarrazin innerhalb weniger Monate für mehr Unterhaltungswert sorgte als die Bundesbank in den zurückliegenden 60 Jahren, ist ein schwacher Trost. Dieses Theater war alles in allem ein Trauerspiel. Und es steht zu befürchten, dass der Vorhang noch nicht gefallen ist.