Kritik kommt auch vom Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, Kai Carstensen. "Würde nicht das Kapitel 'Konkrete Schritte zur Haushaltskonsolidierung nach Ende der Krise' fehlen, könnte ich dem wirtschaftspolitischen Teil des Koalitionsvertrags in weiten Teilen zustimmen", sagte er Handelsblatt.com.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmermann, sieht gar durch die schwarz-gelben Pläne generell die Wachstumsaussichten für Deutschland skeptisch. "Mit dem Koalitionsvertrag und den geplanten dauerhaften Steuersenkungen verabschiedet sich die Regierung auch über diese Wahlperiode hinaus langfristig vom Ziel eines ausgeglichenen Staatshaushaltes", sagte Zimmermann Handelsblatt.com. "Dies wird das Wachstum gefährden, denn die hohe Neuverschuldung wird der privaten Wirtschaft den Spielraum für Investitionen rauben." Nach Überzeugung Zimmermanns wird diese Entwicklung langfristig zu einer Einschränkung wichtiger öffentlicher Leistungen führen. "Das ist letztlich eine Umverteilung von unten nach oben", kritisierte der Ökonom.
Optimistischer zeigte sich dagegen der Chefvolkswirt der Dekabank, Ulrich Kater. Zusätzliches Wachstum werde bei der Haushaltskonsolidierung helfen, sagte er Handelsblatt.com. "Die entlastenden Maßnahmen des Koalitionsvertrages mögen hierbei helfen." Kater gab aber zugleich zu bedenken, dass "wesentlich" für einen Aufschwung in Deutschland die weltwirtschaftliche Dynamik sein werde. "Für einen ausgeglichenen Haushalt in absehbarer Zeit wird dies alles allerdings kaum ausreichen", ist sich der Ökonom sicher. Nach Katers Ansicht führt für die Regierung daher kein Weg an einer strikten Sparpolitik vorbei.
IW-Chef Hüther warnte allerdings davor, die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zum Selbstläufer mutieren zu lassen. Vielmehr bedürfe es gezielter Interventionen. "Zum einen muss die Ausgabenseite und explizit auch der Sozialhaushalt durchforstet werden, so dass ab 2011 deutliche Einsparungen möglich sind", forderte der Ökonom. Zum anderen müssten Wachstumsimpulse gesetzt werden. Drängend seien hier steuerliche Maßnahmen, die bei den Unternehmen ansetzen, erklärte Hüther. "Dafür ist bisher zu wenig vorgesehen, während die Entlastung der Familien zu groß ausfällt und eigentlich derzeit ohnehin nicht dringlich ist." Dieses Geld fehle nun für eine allgemeine steuerliche Förderung des Bereichs Forschung und Entwicklung, die Innovationen und Investitionen anrege und damit mehr wirtschaftliche Dynamik entfache.
Ifo-Konjunkturchef Carstensen wies auf die Einsparvorschläge im Herbstgutachten der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute hin. Die Experten hatten klar zum Ausdruck gebracht, wo sie die Gelder einsparen würden. In der Gesundheitspolitik seien fünf bis zehn Milliarden Euro zu erwirtschaften, in der Arbeitslosenversicherung drei Milliarden.