Doch im Vergleich zu welchen Gütern wird Geld abgewertet? Wenn jemand – nur um mal eine Summe zu nennen - über 50.000 Euro Bargeld verfügt und keinerlei Sachwerte besitzt, ergreift ihn die „Bargeldsteuer“ Inflation mit voller Wucht. Hat er hingegen 40.000 der 50.000 Euro in Sachwerten angelegt (z.B. Aktien, Edelmetalle, Immobilien etc.), so kann eine weitgehende Werterhaltung die Folge sein. Beispiel Gold: Der Goldpreis wurde zu Beginn dieser Dekade mit 285 Euro gehandelt. Aktuell müssen für eine Unze Gold 750 Euro auf den Tisch geblättert werden. Laut offiziellen Angaben des statistischen Bundesamtes betrug der Anstieg der Verbraucherpreise in Deutschland seit Beginn dieser Dekade (Jahr 2000) knapp 18 Prozent. Da der Goldpreis in Euro in diesem Zeitraum um 260 Prozent anstieg, wurde Gold seiner inflationsschützenden Eigenschaft mehr als gerecht. Dies gilt im Übrigen für den gesamten Zeitraum der Aufgabe der Goldpreisbindung seit Anfang der 70er Jahre. Während sich die Verbraucherpreise in Deutschland seitdem verdreifacht haben, konnte sich der Goldpreis in Euro mehr als verzehnfachen.
Inflation wirkt je nach Wohlfahrtssystem unterschiedlich. In Deutschland beträgt der Anteil der Einkommen, die ohne direkte ökonomische Gegenleistung gezahlt werden (Renten, Pensionen, Kindergeld, Sozialhilfe, Arbeitslosengeld etc.) inzwischen mehr als 50 Prozent. Laut FAZ vom 7.10.2007 standen in den 70er Jahren in den westdeutschen Bundesländern 20,6 Millionen Lohnsteuerzahlern noch 11,2 Millionen Rentner, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger gegenüber, die von staatlichen Transfers lebten, mittlerweile stehen 30,8 Millionen Transferleistungsempfängern nur noch 25,7 Millionen Lohnsteuerzahler gegenüber. Das bedeutet: Der überwiegende Teil des deutschen Volkseinkommens ist mittlerweise abhängig von staatlichen Preisfestsetzungen (Stichwort „DDR light“). Das Einkommen ist damit extrem unelastisch geworden. Eine leichte Deflation wie aktuell ist für den Großteil unserer Gesellschaft deshalb keine Bedrohung (sondern eher das Gegenteil), weil bei gleichbleibendem Nominaleinkommen und fallenden Lebenshaltungskosten die Realeinkommen steigen.
Deutlich anziehende Preise sind hingegen für Wohlfahrtsgesellschaften wie die unserige eine Horrorvision. Die Realeinkommen sinken, weil der Staat nicht in der Lage sein wird, die Transfereinkommen entsprechend anzuheben. Steigende Inflationsraten gehen für einen hochverschuldeten Staat wie Deutschland mit steigenden Haushaltsbelastungen einher. In einer solchen Situation ist eine Absenkung des Lebensstandards weiter Bevölkerungskreise unvermeidlich.
In der großen Depression der 30er Jahre herrschte in vielen Ländern der Welt Massen-arbeitslosigkeit. Allein in Deutschland wurden 6 Millionen Arbeitslose gezählt, in den USA betrug die offizielle Arbeitslosenquote 25 Prozent. Seither hat sich die Situation beider Staaten grundlegend verändert. Während die Bevölkerung Deutschlands bereits seit dem Jahr 2003 rückläufig ist (aktuell 82 Mio. Einwohner), wächst die Bevölkerung der USA weiterhin deutlich. Die unterschiedliche Entwicklung der Arbeitslosenstatistik in der Finanzkrise (USA stark steigende, Deutschland kaum steigende Arbeitslosigkeit) dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass in Deutschland nur ein begrenzter Pool von potentiellen Arbeitnehmern zur Verfügung steht. Das Menetekel Arbeitslosigkeit ist offensichtlich in dieser Krise hier nicht das große Problem, während in den USA die Befürchtungen im Bezug auf Massenarbeitslosigkeit derart hoch sind, dass Präsident Obama im Dezember Experten zu einem „Arbeitsmarktgipfel“ eingeladen hat.
In den dreißiger Jahren gewann Keynes gegen Hayek. Während der - neben Mises renommierteste und später (sinnigerweise im Katastrophenjahr 1974) mit einem Nobelpreis bedachte Vertreter der österreichischen Schule – Friedrich August von Hayek eine scharfe Rezession mit Massenarbeitslosigkeit in Kauf nehmen wollte, hatte John Maynard Keynes anderes im Sinn. Die Lockerung der Geldpolitik (staatlich gelenkte Reflation) sollte letztendlich der Massenarbeitslosigkeit den Garaus machen. Doch erst der Eintritt der USA in den zweiten Weltkrieg sorgte für Beschäftigung. Noch 1940 betrug die US-Arbeitslosenquote 15 Prozent. Dennoch wurde die Geldpolitik a la Keynes von jetzt ab als das Nonplusultra der Konjunktursteuerung dargestellt. Politik in einer demokratisch organisierten Wohlfahrtsgesellschaft (besser: „Wohlfühlgesellschaft“) richtet sich stets nach der Maxime des Schmerzminimums. Das bedeutet: Ein Politiker hat dafür zu sorgen, dass eine Gesellschaft in ihrer Gesamtheit möglichst schmerzfrei bleibt. Da ein Konjunkturzyklus jedoch auch durch keynsianische Methoden nicht ausgehebelt werden kann, versuchen US-Präsidenten schon lange, diese Zyklen so zu steuern, dass die Konjuktureinbrüche wenigstens im Wahlkampf nicht stören. Es gelingt ihnen – und der Fed - auch einigermaßen. Dafür bezahlen sie regelmäßig mit Einbrüchen zur Mitte der Wahlperiode. Man denke an die für die Aktienmärkte sehr schwierigen Jahre 1930, 1962, 1974, 1990, 1998 oder auch 2002. Auch das Jahr 2010 ist ein Jahr, das zu diesem Zyklus gehört.
Fazit: Unterschiedliche demographische Entwicklungen werfen ihre Schatten voraus. Inflationierung ist ein Spiel mit dem Feuer, das in Europa angesichts der unelastischen Einkommenssituation wesentlich weniger akzeptabel erscheint als beispielsweise in den USA. Massenarbeitslosigkeit dürfte – im Vergleich zur Inflation – die geringere Bedrohung in Deuschland sein. Europäische Zentralbanker sollten sich diesem Unterschied zu den USA bewusst sein. Gold bietet seit dem Ende der Goldpreisbindung Anfang der 70er Jahre für europäische Anleger einen zuverlässigen Inflationsschutz (in den Jahrzehnten zuvor war dies aufgrund des Goldpreisfixings nicht der Fall). Und der durch die geldpolitischen Manipulationen der Fed gesteuerte Konjunkturzyklus erlebt in Zwischenwahljahren (zweites Jahr einer Wahlperiode) regelmäßig Einbrüche, so dass man sich für das Jahr 2010 anschnallen sollte. Unser Finanzmarktausblick für das Jahr 2010 erscheint in etwa sechs Wochen. Bestellungen per E-Mail anDiese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! können ab sofort erfolgen (Kosten 30 Euro). Für Abonnenten (kein Schnupperabo) ist der Ausblick im Abopreis enthalten.
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