Angesichts der Debatte um den Schweizer Volksentscheid gegen die Minarette fühlt sich Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) in seinen Zweifel an einer Ausweitung der direkten Demokratie in Deutschland bestätigt. Lammert sagte FOCUS, er finde es „auffallend“, dass die Kritik an der Abstimmung der Schweizer „in jenen Kreisen am heftigsten ist, die sich am lautesten für direkte Demokratie aussprechen“. Man könne nicht „gleichzeitig für eine breite und direkte Volksentscheidung plädieren und sie anschließend im konkreten Fall für korrekturbedürftig erklären“, so der Bundestagspräsident. Er selbst habe immer vor einer Ausweitung der plebiszitären Verfahren und einer damit verbundenen Euphorie gewarnt. „Insofern bietet die Reaktion auf die Entscheidung in der Schweiz so viele Aufschlüsse wie die Entscheidung selbst.“
Der Europa-Abgeordnete der Grünen, Werner Schulz, empfahl, das Votum der Schweizer zu akzeptieren. Die Eidgenossen würden sich eben mehr „direkte Demokratie als die Deutschen“ zutrauen, sagte Schulz FOCUS. Jenseits der politischen Elite werde nun klar, welche Meinung das Volk wirklich habe. In der Schweiz werde der Islam offenbar nicht als „harmlose Religion“ eingeschätzt. Fundamentalistische und militante Züge dieser Glaubensrichtung seien dort nicht übersehen worden.