Das Deutsche Institut fürWirtschaftsforschung (DIW) in Berlin könnte durch die aktuelleFinanzaffäre den Gemeinnützigkeitsstatus verlieren. Der Rechnungshofdes Landes Berlin wirft der DIW-Führung um Präsident Klaus Zimmermannin einem noch unveröffentlichten Bericht viele Fälle von Misswirtschaftvor. „Wenn wir auch nur einen Teil der Vorwürfe nicht entkräftenkönnen, haben wir ein Riesenproblem“, sagte eine mit der Materie gut vertraute Person der in Berlin erscheinenden Tageszeitung DIE WELT (Dienstagausgabe). „Der Bericht gefährdet die Gemeinnützigkeit des DIW.“
Als gemeinnütziges Forschungsinstitutist das DIW bei den meisten seiner Aktivitäten von der Umsatzsteuerbefreit. Sollten die Finanzbehörden die Gemeinnützigkeit infragestellen und für mehrere Jahre die Nachzahlung der Umsatzsteuerverlangen, käme auf das DIW ein siebenstelliger Betrag zu. In seinemBericht geht der Rechnungshof hart mit dem vom Bund und dem Land Berlinfinanzierten Institut ins Gericht. Das DIW sei „seiner Verpflichtungzur zweckentsprechenden, wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung“ vonSteuergeldern „in erheblichem Umfang nicht nachgekommen“.
Die Prüfer stoßen sich unter anderem ander Rolle der DIW econ GmbH. Das DIW hat diese Beratungsfirma 2007 als100-prozentige Tochtergesellschaft gegründet. Das sei „an sichzulässig, allerdings müssen das gemeinnützige DIW und die GmbH klarvoneinander abgegrenzt werden“, sagte Tillmann Hermanns, ein KölnerAnwalt für Steuerstrafrecht, der WELT. „Tatsächlich aber besteht dieGefahr, dass die Grenzen verwischt werden, wenn die GmbH sich zumBeispiel auf ihrer eigenen Internetseite wie eine DIW-Unterabteilungbewirbt“, so Hermanns. Wenn das Institut die Tochter nutze, um selbstgewinnorientiert tätig zu werden, „gefährdet das DIW seinen eigenenGemeinnützigkeitsstatus“. Daher müsse man „sich die Frage stellen, obdas nicht eine immense Gefährdung der Vermögensverhältnisse der DIWbeinhaltet – mit allen damit verbundenen Konsequenzen. In diesemZusammenhang stellt sich insbesondere die Frage nach einer möglichenUntreue der Verantwortlichen“, sagte Hermanns der WELT.
Auch der DüsseldorferSteuerstrafrechtler Professor Jürgen Wessing hat im Fall econ Bedenken.Der WELT sagte er nach Lektüre der entsprechenden Passage des Berichts:„Es sieht so aus, als sei versucht worden, unternehmerische Aktivitätenohne staatliche Kontrolle auszuüben.“
DIW-Chef Zimmermann erstellt derzeitdie vom Berliner Senat angeforderte Stellungnahme zu dem Bericht.Womöglich wird es ihm gelingen, den Senat zu besänftigen, indem erbeanstandete Praktiken abstellt.
Unabhängig davon wird Zimmermann mitstaatsanwaltschaftlichen Vorermittlungen rechnen müssen: „Man kanndavon ausgehen, dass die Staatsanwaltschaft tätig wird“, sagte Wessing.Denn juristisch „kommt es nicht so sehr auf den einzelnen Vorwurf an,sondern auf den Gesamteindruck“. Ähnlich äußerte sich Professor MarkusFüllsack, ein Experte für Steuerstrafrecht in Sindelfingen zu dem Fall:„Für die juristische Bewertung kann es auf eine Gesamtschau dereinzelnen Mosaiksteine ankommen.“