Bofinger hält Staatspleite Griechenlands für verkraftbar. Wirtschaftsweiser: Angst vor Domino-Crash "hält sich in Grenzen". Grundlegende Reform des globalen Währungssystems gefordert. Wiederauflage von Bretton Woods mit Dollar, Euro und Renminbi.
Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger warnt mit Blick auf GriechenlandsSchuldenkrise vor Horrorszenarien. "Der Euro-Raum steht im Vergleichzu anderen Währungsräumen wesentlich besser da, als viele behaupten",sagte der Ökonom SPIEGEL ONLINE. Die Staatsschulden und vor allem die Neuverschuldungseien niedriger als in den USA:
"Selbst eine griechische Staatspleitekann der Euro zur Not verkraften." Das Land erwirtschafte gerade mal2,6 Prozent des Bruttoinlandprodukts der Währungsunion. In den USA dagegenstehe "Kalifornien seit Monaten am Rande der Pleite, und sein Anteilam US-Bruttoinlandsprodukt macht rund 13 Prozent aus". Seine Angstvor einem Domino-Crash in Europa "hält sich so gesehen in Grenzen".
Bofinger warnt vor Finanzhilfen aus Brüssel."Das wäre ein gefährlicher Präzedenzfall gewesen", sagte er."Sie hätten anderen Problemländern wie Portugal oder Spanien signalisiert:Wenn es hart auf hart kommt, rettet dich die EU."
Um die Geldmärkte zu stabilisieren, fordertder Wirtschaftsweise eine weitgehende Reform des globalen Währungssystems:"Ich will die Spekulation abschaffen. Spekulanten verschulden sichin Währungen mit niedrigen Zinsen und legen das Geld in Hochzins-Währungenan." Das werte die Währung schwacher Staaten auf statt ab. Wie FrankreichsPräsident Nicolas Sarkozy fordert Bofinger deshalb eine Wiederauflage desBretton-Woods-Systems.
Dollar, Euro und der chinesische Renminbisollten als Leitwährungs-Dreigestirn etabliert werden, fordert der Ökonom."Anstelle fester Kurse sollten deren Wechselkurse strikt von Zinsunterschiedenbestimmt werden." Wenn zum Beispiel der Euro-Raum höhere Zinsen habeals die USA, müsse der Euro abgewertet werden. Spekulanten hätten so keineChance mehr, weil Zinsvorteile stets durch Abwertung kompensiert würden.Alle anderen Staaten könnten ihre Währung an eine der drei Leitwährungenandocken. "Beides würde die Weltwirtschaft massiv stabilisieren",sagte Bofinger. Das System solle vom IWF überwacht werden.
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