Genutzt hat das wenig bis gar nichts. An den Finanzmärkten wirddie Geschichte vom reuigen Sünder nicht gekauft, der aus eigenerKraft zurückfindet auf den Pfad der Tugend. Die Risikoaufschläge fürgriechische Staatsanleihen haben sich durch die Sparpläne Athenskaum eingeengt.
Atempause an den Märkten
Ein Wunder ist dies nicht, wenn man sich die bisherigenVerfehlungen der Griechen anschaut. Die Hellenen haben in denvergangenen Jahren fast ausnahmslos gegen den Stabilitätspaktverstoßen. Nur mit gefälschten Zahlen schafften sie es 2001 in dieWährungsunion. Der bestehende Rechtsrahmen hat das südosteuropäischeLand also nicht vom fiskalischen Schlendrian abgehalten - wiesosollte er die Läuterung herbeiführen? Die Lesart der Finanzmärktelautet: Der Stabilitätspakt ist das Papier nicht mehr wert, auf daser gedruckt wurde.
Erst als am Dienstag Spekulationen aufkamen, es werde in Berlinund Brüssel ein Rettungspaket geschnürt, setzte die lang ersehnte -leichte - Entspannung an den Finanzmärkten ein. Auch wenn gesternkeine Details eines möglichen Rettungsplans publik wurden, zeichnetsich doch recht klar ab, dass die Staatengemeinschaft Griechenlandnicht fallen lassen wird.
In der Tat ist die politische Intervention inzwischen nötig. Dennlängst geht es nicht mehr nur um Athen. Sollte Griechenland pleitegehen, werden sich die Finanzierungsbedingungen von zunächstPortugal, dann aber auch Spanien und Italien drastisch verschärfen.Die Dominosteine der entsprechenden Länder stehen bereits in Reihe.Auch würde der Euro abstürzen.
Zwar trägt Griechenland nur 3% zur Wirtschaftsleistung derEurozone bei. Dies kleinzureden wäre aber naiv. Man muss sich nur inErinnerung rufen, was für ein Schlachtfeld der Ausfall der relativkleinen US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008hinterlassen hat. Und auf die Bankenkrise 2008/09 folgt dieÜberschuldungsgefahr einzelner Länder. Der zweite Akt der Tragödiean den internationalen Finanzmärkten hat die Gefahr vonStaatspleiten zum Plot.
Was ist zu tun? Die naheliegende Versuchung, Griechenland einenScheck über 30 Mrd. Euro auszustellen - auf diese Summe wird der zurRettung Griechenlands zunächst erforderliche Betrag geschätzt -, istnicht nur rechtlich ausgeschlossen. Auch materiell sollte der Geistder "No-Bail-out-Klausel" nicht einfach ignoriert werden. Diese sollMoral Hazard auf Staatenebene verhindern. Denn es ist offenkundig,dass nationale Regierungen künftig der "moralischen Versuchung"erliegen werden, zu laxes Ausgabenverhalten an den Tag zu legen,wenn sie damit rechnen können, dass andere Staaten die Zeche zahlen.Der Wettlauf der fiskalischen Disziplinlosigkeit wäre programmiert.Das Vertrauen in den Euro würde vollends unterminiert.
Das heißt: Jedwede finanzielle Unterstützung muss an strikteAuflagen gekoppelt werden, so wie es der InternationaleWährungsfonds (IWF) praktiziert. Die an dieser Stelle bereits vorJahresfrist favorisierte Lösung, den IWF zur Hilfe zu holen, istaber politisch nicht gewollt (vgl. BZ vom 25.2.2009). Wenn Europadie Sache eigenständig regeln will, dürfen die Konditionen einerFinanzspritze dennoch nicht hinter die des IWF zurückfallen. Siekönnen aber auch nicht darüber hinausgehen, weil sich Athen sonstzum IWF flüchten würde. Ob die Mittel bilateral oder multilateralvon anderen Staaten der EU ausgereicht werden, etwa durch Garantienfür griechische Staatsanleihen oder den direkten Kauf von Papieren,ist dabei nachrangig. Die Konditionalität der Mittelvergabe istausschlaggebend.
Schuldenbremse einführen
Langfristig muss der Stabilitätspakt durch ein neues, strikteresRegelwerk ersetzt werden. Nur so kann die fiskalischeGlaubwürdigkeit zurückgewonnen werden, ohne die die Währungsuniondauerhaft nicht funktionieren kann. Eine europäische Schuldenbremsenach dem Schweizer oder deutschen Vorbild wäre denkbar. SchnellesHandeln ist geboten. Denn: Griechenland rauszuboxen, dürfte nichtnur relativ einfach, sondern auch vergleichsweise billig sein,nämliches gilt für Portugal. Wenn erst einmal Spanien von denFinanzmärkten ins Visier genommen wird, sind ganz andere Beträgeerforderlich. Man darf sich daher nichts vormachen: DerStaatsbankrott Griechenlands könnte die Eurozone sprengen. DieFolgen wären ökonomisch dramatisch. Politisch wären sie verheerend,würden sie den europäischen Einigungsprozess doch um Dekadenzurückwerfen.