Wirwollen nachfolgend beschreiben, was damals in Rom wirklich vor sich ging.Anschließend wollen wir die entsprechenden Schlüsse daraus ziehen.
Der britische Historiker Toynbee analysierte in seinem Grundlagenwerk„Studie zur Weltgeschichte“ sechsundzwanzig Hochkulturen und verglichGemeinsamkeiten der Aufstiegs- und Abschwungphasen. Er kam zu dem Schluss, dassdie jeweiligen Aufstiegsphasen von einer enormen Kreativität im Umgang mitphysischen und sozialen Herausforderungen begleitet und begünstigt waren.
Fürden Zusammenbruch von Hochkulturen nannte Toynbee drei Anzeichen: erstens denVerlust kreativer Energie der kreativen Minorität, zweitens den Entzug derUnterstützung der regierenden Minderheit durch das Volk und drittens den darausresultierenden Verlust sozialer Einheit. „Statt Siegen begegnen wirNiederlagen, ungelösten Aufgaben, an denen die Gesellschaft zugrunde geht“, soToynbee.
Der amerikanische Politikwissenschaftler Bruce Bartlett beschreibt inseinem 1994 erschienenen Aufsatz „How excessive Government killed ancient Rome“ (http://tinyurl.com/og8gt ) Entwicklungen, die uns nicht ganz unbekanntvorkommen: In der Anfangszeit des römischen Reiches waren die Steuersätzeniedrig. Doch mit der Zeit begannen die Kaiser, sich die Gunst ihrer Untertanenmit Wohltaten zu erkaufen. So wurde bereits vor der Zeit des Augustus damitbegonnen, etwa 200.000 römischen Bürgern kostenlos Weizen (später: Brot) zurVerfügung zu stellen.
Da die Einwohnerzahl Roms zur Zeit des Augustus etwa 1Million Einwohner umfasste, bekam jeder fünfte Einwohner kostenloseWeizenrationen. Nichtsdestotrotz kamen die Steuereinnahmen unter Augustusderart großzügig herein, dass ein großes Infrastukturprogramm aufgelegt werdenkonnte.
Straßen wurden repariert, Tempel, Thermen und Aquädukte wurden gebaut.Unter Tiberius wurde das Programm zurückgefahren. 33 n. Chr. kam es zu einerschweren Wirtschafts- und Finanzkrise, die mit einer starken Geldverknappungeinherging. Der Staat kam aus dieser Krise nur heraus, indem er eine Vielzahlvon Krediten zu einem Zinssatz von null vergab. Die Liquidität konnte sosichergestellt werden.
Der Bedarf des Staates an „Cash“ wurde größer. Aus der Zeit des Caligula(37 – 41 n.Chr.) ist von Steuerflüchtlingen die Rede, denen übel mitgespieltwurde.
Unter Nero (54 – 68 n. Chr.) begann die Abwertung der Gold- undSilbermünzen. Den Münzen wurden weniger werthaltige Metalle hinzugefügt. Diese Entwertungdes Bargeldes war nur eine andere Form der Steuererhöhung. Die römischen Bürgerversuchten die Geldentwertung zu umgehen, indem sie ihre alten Münzen sammeltenund die Steuern mit den weniger werthaltigen Münzen bezahlten. DerAbwertungswettlauf führte zu einer kontinuierlichen Teuerung. Die Steuereinnahmendes Staates verloren jedoch den Teuerungswettlauf. So schnell, wie die Preisestiegen, konnten die Steuern nicht erhöht werden.
Anmerkung: Heutzutage wäre dies anders: Durch das progressiveSteuersystem würden Arbeitnehmer bei fortgesetzter Inflation (vorausgesetzt, eskommt zu Nominallohn-erhöhungen) einen immer größeren Teil ihres Einkommens demStaat widmen müssen.
Zurück zum alten Rom. Später wurden speziell die Steuern für dieWohlhabenden erhöht. Privatvermögen wurden mehr und mehr konfisziert,vertrieben, versteckt oder durch hohe Steuern verringert. Dies führte zu einemwirtschaftlichen Stillstand. Je stärker der Druck auf die Wohlhabenden wurde,desto schlechter ging es den gering Bemittelten.
Nachdem bei den Wohlhabenden nicht mehr viel zu holen war, wurde derMittelstand mehr und mehr für das Steueraufkommen herangezogen.
Bruce Bartlett schließt seine Analyse mit den Worten: „Der Fall Roms warfundamental bedingt durch ökonomischen Rückschritt, der aus einer exzessivenSteuerlast, Inflation und Überregulierung resultierte. Höhere und noch höhereSteuern konnten keine höheren Steuereinnahmen produzieren, weil dieWohlhabenden ihre Einnahmen zunehmend versteckten, während die Mittelklasse –und ihre Fähigkeit, Steuern zu zahlen – praktisch eliminiert wurde. Die meistenRömer reagierten auf den Fall ihres Reiches am Ende mit Erleichterung.“
Klar ist: Parallelen zur heutigen Situation sind unverkennbar. Das Erhard’scheModell der sozialen Marktwirtschaft ist zu einem „Sozial- und Wohlfahrtsstaat“mutiert. Die kreative Minorität hat mehr und mehr Probleme, Wachstum zugenerieren. Geringere Steuereinnahmen für den Staat (Beispiel Japan: Hier wirdder Staatshaushalt nur noch zu 50 Prozent von den Steuereinnahmen gedeckt)sowie ein Verlust an Arbeitsplätzen sind die Folge. Gleichzeitig wächst dieUnzufriedenheit derjenigen, die vom Staat versorgt werden. DieseBevölkerungsschicht wächst genauso wie diejenige, die sich mit einem Einkommen knappüber Hartz IV-Niveau zufrieden geben muss.
Man hat den Eindruck, dass viele Politiker noch nicht wissen, in welcherPhase unserer „Hochkultur“ sich Deutschland befindet. Politiker neigen vonNatur aus zum Populismus: Sie wollen gefallen. Doch in dieser Einstellung liegtder Kern des Untergangs begründet. Es geht nicht mehr um Verteilung, sonderndarum, ob es etwas zu verteilen gibt. Das Beispiel Roms zeigt, dass - wenn sichnichts ändert – alle Bevölkerungsgruppen zu den Verlierern zählen werden.
Es liegt nicht zuletzt an der populistischen politischen Garde, dass derSolidargedanke, der Deutschland in den Aufbaujahren nach dem zweiten Weltkriegbegleitet hatte, zerstört ist.
Der Gedanke, dass der Staat ein Teil von unsallen ist und wir als Staatsbürger Verantwortung für den Staat tragen, ist vollständigverflogen. Der Staat, das ist eine anonyme Verteilungsmaschine, das sind nichtwir. Der Ehrliche ist der Dumme, sollen die anderen zahlen (oder wenigerbekommen).
Möglicherweise ist der Gedanke, dass der Staat ein Teil von uns ist,unwiederbringlich verloren. Damit ist jedoch der Urgedanke der Demokratiegefährdet. Ein Staat, dem kein Vertrauen entgegen gebracht wird, verhärtet inseiner Struktur. Die Dinge schaukeln sich gegenseitig hoch. EinUmdenkungsprozess ist in Deutschland dringend erforderlich.
Von nichts sind wirheute weiter entfernt als von dem folgenden Ausspruch Kennedys: "Fragnicht, was der Staat für dich tun kann, sondern frag, was du für den Staat tunkannst." Wenn wir nicht lernen, diesen Satz ernst zu nehmen, wird baldkein funktionierender Staat mehr existieren.
--->www.wellenreiter-invest.de