Berlin. Jeder junge und gesunde Empfänger von Sozialleistungen
muss nach den Worten von Vize-Kanzler und FDP-Chef Guido Westerwelle
zumutbare Arbeiten, wie zum Beispiel Schneeschippen, annehmen.
In einem Interview mit BILD am SONNTAG sagte Westerwelle: “Wir
müssen die Hilfe auf die wirklich Bedürftigen konzentrieren und
müssen sie den Findigen und Trickreichen kürzen oder notfalls
streichen. Konkret stellt Westerwelle sich das so vor: “Jeder,
der jung und gesund ist und keine Angehörigen zu betreuen hat,
muss zumutbare Arbeiten annehmen - sei es in Form von gemeinnütziger
Arbeit, sei es im Berufsleben, sei es in Form von Weiterbildung.“
Auf die Frage, ob damit auch Einsätze zum Schneeschippen gemeint
sind, sagte der Vizekanzler: “Warum denn nicht? Nehmen Sie Berlin,
eine Stadt mit einem hohen Anteil von Sozialleistungsempfängern.
Hier liegt seit Wochen Eis und Schnee auf den Bürgersteigen.
Viele ältere Menschen trauen sich schon gar nicht mehr aus dem
Haus, weil sie Angst haben müssen, zu stürzen und sich was zu
brechen. Da könnte die Stadt doch junge Sozialleistungsempfänger
zum Räumen der Bürgersteige einsetzen. So praktisch ist das Leben.
Doch weite Teile der Politik haben sich davon entfernt.“
Westerwelle plädierte für hartes Durchgreifen gegen Drückeberger:
“Wer sich dem verweigert, dem müssen die Mittel gekürzt werden.
Umgekehrt erwarte ich von unserer Sozialstaatsverwaltung, dass
sie jedem jungen Menschen auch ein Angebot macht.“
Westerwelle kritisierte außerdem, dass es gegenwärtig nur in
2,6 Prozent der Hartz-IV-Fälle Sanktionen gibt, obwohl Experten
den Missbrauchsanteil auf 20 Prozent und mehr schätzen: “Wir
müssen die Schwachen schützen vor den Starken, aber auch vor
den Faulen. Keine Leistung ohne Bereitschaft zur Gegenleistung.
Das trennt die wirklich Bedürftigen von den Findigen.“
Dekadente Entwicklungen sieht Westerwelle nicht nur beim Sozialstaat,
sondern auch im Bildungswesen. “Wir haben dekadente Entwicklungen
in unserem Bildungssystem, wenn zum Beispiel in Berlin jetzt
geplant ist, Plätze an Gymnasien zu verlosen. Und dass häufig
diejenigen, die arbeiten, weniger haben als die, die nicht arbeiten,
ist nicht nur ein ökonomisches Problem, sondern eine himmelschreiende
Ungerechtigkeit“, so Westerwelle zu BILD am SONNTAG.