„Schuldenreport 2010“: in 60 Ländern weltweit hat die Verschuldung ein kritisches Niveau erreicht. Problem in Kalifornien schlimmer als Griechenland. Wenn mehrere größere Länder zahlungsunfähig werden, droht der Weltbankrott.
Jamie Dimon, Vorstandschef derzweitgrößten US-Bank JP Morgan Chase, hat in einer Rede bei derHauptversammlung seine Landsleute davor gewarnt, dass die Finanzsorgenin Kalifornien ein weitaus größeres Risiko als die Probleme inGriechenland darstellen. Es bestünde die Gefahr eines Flächenbrands,sobald ein Bundesstaat von der Größe Kaliforniens zahlungsunfähigwürde.
"Auch das noch!", möchte man sagen.
Griechenland, Portugal, Italien,Spanien, Irland, Kuweit, Großbritannien, Japan, Kalifornien - das sinddie Staaten (und Bundesstaaten), deren massive finanzielle Problemeallein in den letzten drei bis vier Wochen die Medienbeschäftigten. Allerdings behauptet Jamie Dimon in der gleichen Rede,dass eine Pleite Griechenlands weder für JP Morgan Chase oder die USA,noch für irgendein Land ein Problem darstelle. Er glaube zudem nicht,dass die Gefahr des Zusammenbruchs der EU besteht. Sein Wort in GottesGehörgang, wie man so schön sagt.
60 Länder vor der Zahlungsunfähigkeit?
In einer Studie, dem „Schuldenreport 2010“ kommen die deutsche Kindernothilfe und der Verein erlassjahr.dezu dem Ergebnis, dass zurzeit bei 60 Ländern weltweit die Verschuldungein kritisches Niveau erreicht hat. Insbesondere die Wirtschafts- undKreditmarktkrise hat vielen Ländern, die früher finanziell relativstabil waren, schwer zugesetzt.
Natürlich werden die meisten dieser60 Länder bei einer Insolvenz keinen Dominoeffekt auslösen. Aber wenntatsächlich unter Umständen auch mehrere der größeren Länderzahlungsunfähig werden, könnten wir in Folge eine zweite Welle vonBankenpleiten erleben.
Ein neuer finanzieller Tsunami, der durch dasweltweite Finanzsystem jagt. Und so gesehen hat Jamie Dimon natürlichRecht: Wenn Kalifornien zusammenbrechen sollte, wären die Folgen fürdie USA und damit auch weltweit in der aktuellen Situation dramatisch.Auch wenn die Situation in Kalifornien bereits seit Jahren kritischist, hinterlassen solche Äußerungen kein gutes Gefühl.
Ist der Euro sicherer als der Dollar?
Witzig ist, dass wenn das, was JamieDimon sagt, stimmen sollte, der Euro wesentlich sicherer als der Dollarwäre. Auch wenn zurzeit die Masse etwas anderes „fühlt“.
Das einzige, was mich bei dieserVielzahl von schlechten Nachrichten zurzeit beruhigt, ist, dass dieGläubiger zurzeit alles tun werden, damit es eben nicht zu einem neuenTsunami kommt. Denn ich glaube, die Gläubiger haben aus derLehman-Brothers Pleite gelernt. Sie wissen, dass die Folgen einerzweiten Finanzmarktkrise einem weltweiten Bankrott nahe kommen würde.Hier sitzen aufgrund der weitreichenden, globalen Folgen Gläubiger undSchuldner in einem Boot. Und die Beteiligten wissen, dass es nur sehr,sehr wenige gäbe, die ein Kentern unbeschadet überleben würden.
Lösungsansatz
Ein interessanter Lösungsansatz wirdseit einigen Jahren diskutiert. Es wäre ein internationales undstrukturiertes Insolvenzverfahren für überschuldete Staaten denkbar.Hierzu müsste ein unabhängiges Schiedsgericht eingerichtet werden. Auchder Schuldenreport 2010 kommt zu dem Schluss, dass ein solchesEntschuldungsverfahren dringend gebraucht wird. Aber kann das dieLösung für eine Welt sein, die an ihren Schulden erstickt? Denn was istwiederum mit den Gläubigern, wenn die Schuldner „einfach“ entschuldetwerden…
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