Der Leopard ist der Sprinter unter den Tieren und kann furchterregende zwei Meter lang werden, den 60–110 cm langen Schwanz nicht mitgerechnet. Männliche Leoparden wiegen bis zu 90 kg und haben eine Schulterhöhe von bis zu 80 cm. Hauptnahrungsquelle eines Leoparden sind Säugetiere bis zu 50 kg. Schon allein deshalb sollten Kinder und Dünne lieber im Auto bleiben bei der Pirsch nach der Großkatze.
Im Sprint kann ein Leopard atemberaubende 60 km/h erreichen. Wer also vor der Katze abhauen will, hat schlechte Karten. Doch auch Leoparden sind faul, und das macht diese Tierart so sympathisch. Meistens hängt der Leopard träge irgendwo auf einem Baum, und wartet darauf, dass die Beute unter ihm daher trottet. In diesem Moment springt er vom Ast und beißt beherzt zu. So weit die Theorie.
In der Praxis ist es aber gar nicht so einfach, so ein Tier zu finden. Die Wildkatze ist nämlich fast ausgestorben – bzw. ausgerottet durch den Menschen. Obwohl die Chancen für einen Erfolg gering sind, machen wir uns dennoch mit einer alten Klapperkiste und einem alten Ranger auf den beschwerlichen Weg durch den Dschungel.
Außer uns tun das an diesem Tag offenbar noch andere, davon zeugt reger Funkverkehr: Knattern und Kauderwelsch aus der Handgurke.
Doch trotz moderner Technik – einfach ist es offenbar nicht, einen Leoparden zu finden. Ich frage mich schon, ob es überhaupt eine gute Idee war, auf die Jagd nach Wildkatzen zu gehen. Man hätte diesen seltenen Katzen doch zumindest ein Funk-Chip implantieren können, so dass man die Tiere in Verbindung mit einem Iphone App einfach orten, ansteuern und fotografieren könnte. Doch daran hat Steve Jobs wohl noch nicht gedacht. Ich werde diese Idee auf jeden Fall patentieren lassen, beschließe ich auf der Fahrt durch den Urwald.
Die Fahrt durch den Dschungel ist äußerst beschwerlich. Holprig schaukeln wir an Elefanten vorbei. Ab und zu mal ein Krokodil, Rehe, Büffel und was die Fauna sonst noch zu bieten hat – nur kein Leopard.
Ich kann jedem nur empfehlen, lieber in den Zoo zu gehen, wenn er exotische Tiere sehen will. So eine Fahrt durch Gottes Natur am Ende der Welt ist äußerst anstrengend und eine arge Herausforderung für den Allerwertesten. Aussteigen? Nicht erlaubt, zu gefährlich.
Als wir nach drei Stunden die Suche schon fast aufgeben wollen: Plötzlich aufgeregte Audioemissionen aus dem Funkgerät. Ein Leopard wurde gesichtet.. Irgendwo auf einem Baum. Der Klassiker also, wenn es um Leoparden geht.
Der Fahrer latscht voll auf die Bremsen und vollzieht eine 180 Grad Wende. Die schrottreife Karre gerät an ihre Belastungsgrenze. Wie besessen zischt unser Führer mit dem Jeep durch den Urwald. Auf der Höllentour über Stock und Stein fallen wir fast aus der alten Kiste.
Ich mache mir schon sorgen, ob das Gefährt auseinander bricht. - Wir wären sicherlich ein abwechselungsreiches Zwischengericht für die vielen Krokodile am Wegesrand. Aber Geschwindigkeit ist jetzt alles. Hoffentlich bleibt das Tier auf seinem Baum.
Am Zielort angekommen, stehen schon drei Jeeps im tropischen Gestrüpp. Und siehe da, oben in der Baumkrone, gut getarnt und auf dem ersten Blick kaum sichtbar, räkelt sich die gefleckte Wildkatze.
Die Touristen verdrehen sich die Hälse, Oberkörper hangeln sich gewagt aus Fenstern, halten Fotoapparate und Videokameras aus den Safari-Mobil so weit es geht – denn aussteigen geht nun mal nicht.
Genüsslich schaut die Wildkatze dem Treiben unten am Wegesrand aus sicherer Entfernung zu. Etwas gelangweilt sieht das Tier aus. Ab und zu mal ein interessierter Blick auf die Beobachter: „Erst rottet ihr uns fast aus, dann kommt ihr Scharen, um uns zu sehen“ - so interpretiere ich die Mine des Leoparden.
Unterdessen eilen immer mehr Hominiden auf vier Rädern zur Leoparden-Stelle. Ein wilder Kampf um die beste Fotoposition beginnt. Schon nach wenigen Minuten geht nichts mehr im Dschungel. Langer Stau auf der schmalen Piste, die zum Leoparden-Baum führt. Nach kurzer Zeit gibt es weder ein Vor noch ein Zurück.
Aufruhr im Urwald. Ganz hinten kommen immer neue Jeeps angeschossen. Ich fürchte schon eine Massenkarambolage, weil sie nicht mehr rechtzeitig bremsen können.
Vor Ort eskaliert die Situation derweil. Fahrer schimpfen, Kinder weinen, wildes Gefuchtel mit der Hand, aufgeregte Ratschläge von Touristen an Ranger, wie man der ausweglosen Situation am besten Herr werden könne. Alles überschattet von der Angst, dass das seltene Tier angesichts der Hektik am Boden abhaut.
Der Leopard schaut sich unterdessen das Treiben unten am Wegesrand recht teilnahmslos an. Einmal gähnt er sogar. Das Tier scheint die Angelegenheit also nicht so spannend zu finden wie wir da unten.
Plötzlich bäumt sich die Wildkatze auf. Bedrohlich blickt der Leopard nun nach unten auf die Blechlawine samt Insassen. Ist da vielleicht ein Leckerbissen dabei?
Als idealen Angriffspunkt präsentiert sich ein beleibter Italiener. Dieser quetschte seinen Oberkörper dergestalt aus dem Fenster, dass er nun Schwierigkeiten hat, den Torso wieder ins Innere der Karosse zu bewegen. Der ideale Angriffspunkt also.
Die Situation droht außer Kontrolle zu geraten. Auf allen Vieren steht der Leopard nun auf dem Ast. Das Tier ist offenbar sprungbereit – höchste Alarmstufe also. Der aus dem Fenster baumelnde Italiener erblasst angesichts der Gefahr. Der Oberkörper hängt nunmehr schlaff aus dem Jeep während seine Freunde versuchen, den Mann verzweifelt ins Auto zu ziehen.
Dann macht der Leopard einen großen Satz - und springt ins Dickicht des Tropenwaldes. Weg war er.