Die Regierung kauft rechtswidrig Kontodaten von Kriminellen. Andererseits liess das Bundesfinanzministerium Millionen offizielle Meldungen über ausländische Zinseinkünfte liegen. Bundesrechnungshof: Zinszahlungen im zweistelligen Milliardenbereich betroffen.
Das Bundesfinanzministerium hat sieben Millionen Meldungen über ausländische Zinseinkünfte liegen lassen, statt sie an die Landesfinanzverwaltungen weiterzuleiten. Davon betroffen sind Zinszahlungen „im zweistelligen Milliardenbereich“. Das deckt ein der WirtschaftsWoche vorliegender Bericht des Bundesrechnungshofs auf.
Grund für dieses Versagen: Das Bundeszentralamt für Steuern, das dem Bundesfinanzministerium untersteht, sah sich nicht in der Lage, die in elektronischer Form vorliegenden Daten weiterzuleiten. Damit „ist eine rechtzeitige, vollständige, gesetzmäßige und gleichmäßige Besteuerung ausländischer Zinsen nicht gewährleistet“, kritisieren die Prüfer.
Erst auf ihr Drängen hin hatte das Ministerium 2009 noch unter Leitung von Peer Steinbrück entschieden, wenigstens 40 000 Kontrollmitteilungen aus den Jahren 2005 und 2006 den Finanzämtern bereitzustellen, damit die Finanzbeamten sie manuell durchsehen können.
Die Ämter aber wollten aus Kapazitäts- und Personalgründen nur zehn Prozent der Datensätze annehmen und von denen wiederum nur Meldungen ab einer bestimmten Zinshöhe von Hand auswerten.
Unter Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wird der Missstand nun laut WirtschaftsWoche behoben: Seit Anfang März 2010 sollen die Finanzämter auf alle Daten elektronisch zugreifen können. Die FDP-Abgeordnete Claudia Winterstein, die dem Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages angehört, fordert die Finanzbehörden auf, „dieses rechtlich einwandfreie Material zu nutzen“.
Hintergrund: Im Kampf gegen Steuerhinterziehung beschlossen die EU-Staaten und einige Drittländer 2005 die EU-Zinsrichtlinie. Danach senden sie sich die sogenannten Kontrollmitteilungen automatisch zu, in denen die ausländischen Zinseinkünfte von Steuerpflichtigen aufgelistet sind.
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