Karstadt-Insolvenz kostet Steuerzahler mehr als 650 Millionen Euro. Rettungsaussichten vor Gläubigerversammlung weiter ungewiss. Insolvenzquote im Zerschlagungsfall nur bei rund 1 Prozent.
Schon vor der Karstadt-Gläubigerversammlung am kommenden Montag steht der finanziell größte Verlierer der Warenhaus-Pleite fest: der Staat.
Durch die Karstadt-Insolvenz gehen den Finanzbehörden, der Bundesagentur für Arbeit und den Sozialkassen insgesamt mehr als 650 Millionen Euro verloren, berichtet die WirtschaftsWoche.
Die Behörden haben im Insolvenzverfahren Forderungen von rund 665 Millionen Euro geltend gemacht. Rund 500 Millionen Euro entfallen dabei auf die Steuerbehörden. Auf 108 und 78 Millionen Euro belaufen sich die Ansprüche der Arbeitsagentur und Sozialkassen aus Insolvenzgeldzahlungen an Karstadt-Mitarbeiter, heißt es in einem bislang nicht veröffentlichten Statusbericht des Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg zur ersten Gläubigerversammlung.
Bei einer geplanten Rückzahlungsquote von drei Prozent sind demnach lediglich Rückzahlungen von rund 21 Millionen Euro an die Behörden zu erwarten.
Insgesamt geht Görg im Insolvenzplan von einem Forderungsvolumen aller Gläubiger von rund zwei Milliarden Euro aus. 60 Millionen Euro könnten damit bereits im Mai oder Juni an die Gläubiger gezahlt werden, zu denen auch Vermieter und Beschäftigte gehören. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich bis 30. April ein Käufer findet, der Karstadt als Ganzes übernimmt. Im Zerschlagungsfall sei hingegen lediglich eine Rückzahlungsquote von rund einem Prozent zu erwarten, heißt es in einer Karstadt-internen Präsentation der Insolvenzverwaltung vom 15. März, die der WirtschaftsWoche vorliegt.
Ob es zu einer Übernahme kommt, ist weiter ungewiss. Den Kandidaten, die derzeit die Karstadt-Bücher prüfen, wurden von der beteiligten Investmentbank zur Tarnung die Städtenamen Boston, Amsterdam, Paris, Seoul, Toronto und Budapest zugeordnet.
Darunter sollen auch Finanzinvestoren sein, die einen Zusammenschluss mit dem Konkurrenten Kaufhof sondieren. Manager des Kaufhof-Mutterkonzerns Metro würden bereits „tastende Vorgespräche“ mit verschiedenen Private-Equity-Unternehmen führen, heißt es im Metro-Umfeld. Eine solche Warenhaus AG würde allerdings ebenfalls auf eine Zerschlagung von Karstadt hinauslaufen, heißt es.
Finanzkreise kritisieren indes eine zu zögerliche Trennung von unrentablen Filialen im Insolvenzverfahren. In 13 Häusern, die geschlossen wurden, gab es bisher rund 900 Entlassungen. In der Hauptverwaltung sollen bis September 125 Vollzeitstellen abgebaut werden. Dadurch würden die Personalkosten in der Hauptverwaltung von 95,2 auf 86,5 Millionen Euro sinken, heißt es in den Präsentationsunterlagen. Insgesamt dürften sich die Personalkosten der 26.000 Karstadt-Mitarbeiter auf monatlich über 50 Millionen Euro belaufen.
© MMnews - Weiterverbreitung nur auszugsweise und mit Link gestattet.