Die Regierung plant einen umfassenden Eingriff in die Finanzmärkte. Nicht nur die Spekulation auf sinkende Kurse bei Staatsanleihen und Aktien soll verboten werden, sondern auch auf den Euro. Bei Zuwiderhandlung drohen drakonische Strafen.
Von Dirk Weckerle
Das Finanzministerium will das Wertpapierhandelsgesetz drastisch ändern. Verboten werden soll demnach nicht nur die Spekulation auf sinkende Kurse bei Aktien und Staatsanleihen sondern auch auf den Euro.
Dies sieht ein Gesetzesentwurf vor, der MMnews vorliegt. Original kann hier eingesehen werden.
Die Regierung begründet ihr Vorhaben mit der Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts. Die vorgesehenen Regelungen zu Leerverkaufsaktivitäten sollen schon nächste Woche in ein neues Gesetz eingebracht werden, und zwar das "Gesetz zur Stärkung der Stabilität der Finanzmärkte".
Folgendes soll darin beschlossen werden:
- Verbot ungedeckter Leerverkäufe in Aktien, einschließlich hierauf bezogener Derivate,
- Einführung eines Transparenzsystems für Leerverkaufspositionen,
- Verbot ungedeckter Leerverkäufen in Staatspapieren (Schuldtiteln) der Eurozone,
- Verbot ungedeckter CDS auf Ausfallrisiken von Staaten der Eurozone,
- Verbot von Währungsderivaten auf den Euro, die nicht Absicherungszwecken dienen
Demnach darf man dann zum Beispiel nicht mehr auf einen sinkenden Euro spekulieren, es sei denn, es liegt ein "berechtigtes Absicherungsinteresse" vor. Dies dürfte nur bei Unternehmen gegeben sein, welche Produkte ins nichteuropäische Ausland verkaufen.
Jede Position, die also nicht einem wirklichen Absicherungsineresse gilt, soll demnach verboten werden. Das bedeutet in der Praxis, dass auch kein Kleinanleger mehr Devisenspekulation betreiben darf - sei es per Optionsschein oder im Daytrading.
Um das neue Gesetz in die Praxis umsetzen, soll gleichzeitig ein "Transparenzsystem" geschaffen werden, um gesetzeswidrige Leerverkäufe aufzuspüren und zu ahnden. Zuwiderhandlungen werden mit drakonischen Strafen belegt (siehe unten).
Es droht also der totale Überwachungsstaat auch an der Börse, bei dem die Regierung jederzeit eingreifen kann und befugt wird, auch darüber hinaus gehende Verbote zu erlassen, wenn Gefahr im Verzug ist.
Im Artikel 4 der geplanten Änderung des Wertpapierhandelsgesetzes heißt es dazu wörtlich:
§ 4 a
Befugnisse zur Sicherung des Finanzsystems
(1) Die Bundesanstalt kann im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, Missstände, die Nachteile für die Stabilität der Finanzmärkte bewirken oder das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte erschüttern können, zu beseitigen oder zu verhindern. Insbesondere kann die Bundesanstalt den Handel mit einzelnen oder mehreren Finanzinstrumenten vorübergehend untersagen, die Aussetzung des Handels in einzelnen oder mehreren Finanzinstrumenten an Märkten, an denen Finanzinstrumente gehandelt werden, vorübergehend anordnen oder ein vorübergehendes Verbot von Geschäften in Derivaten anordnen, deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis von Schuldtiteln, die von Zentralregierungen, Regionalregierungen und örtlichen Gebietskörperschaften von Mitgliedstaaten der Europäischen Union, deren gesetzliche Währung der Euro ist, ausgegeben wurden, ableitet, soweit diese an einer inländischen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen und in den Handel eingeführt sind und die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise einem Leerverkauf in diesen Schuldtiteln entsprechen. Die Wirksamkeit der Rechtsgeschäfte wird durch einen Verstoß gegen Anordnungen nach diesem Absatz nicht berührt. Die Bundesanstalt kann zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Anordnungen nach diesem Absatz Ausnahmen vorsehen.
(2) Die Bundesanstalt kann anordnen, dass Personen, die Geschäfte in Finanzinstrumenten tätigen, ihre Positionen in diesen Finanzinstrumenten veröffentlichen und gleichzeitig der Bundesanstalt mitteilen müssen. Die Bundesanstalt kann Mitteilungen nach Satz 1 auf ihrer Internetseite öffentlich bekannt machen.
Spekulationsverbot auf den Euro:
§ 30k
Verbot von bestimmten Währungsderivaten
(1) Es ist verboten, Währungsderivate im Sinne des § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b, d oder e, deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Devisenpreis des Euro ableitet, abzuschließen oder in solche rechtsgeschäftlich einzutreten, soweit diese Derivate nicht der Absicherung eigener Währungsrisiken dienen.
(2) Ausgenommen von den Verboten nach Absatz 1 sind Geschäfte von Personen, die sich vertraglich verpflichtet haben, dauerhaft Finanzinstrumente im Wege des Eigenhandels zu selbst gestellten Preisen zu kaufen oder zu verkaufen, soweit das jeweilige Geschäft zur Erfüllung dieser vertraglichen Pflichten erforderlich ist.
Strafen:
Der Bußgeldrahmen für Verstöße gegen die neu eingefügten Verbote der §§ 30h, j und k WpHG wird auf 500.000 Euro festgesetzt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass ein Verstoß gegen dieses Verbot bei den mit diesen Transaktionen verbundenen hohen Gewinnmöglichkeiten mit einer spürbaren Geldbuße einhergeht und so eventuellen Umgehungen vorgebeugt wird. Dies gilt entsprechend auch für Verstöße gegen § 30i, wobei die Bußgeldhöhe hier aufgrund der geringeren Bedeutung eines solchen Verstoßes im Vergleich zu einem Verstoß gegen das generelle Verbot des § 30h mit 200.000 Euro geringer anzusetzen ist.
Original des Gesetzesentwurfs kann hier eingesehen werden