Easyjet bereitet Sammelklage wegen Flugverboten nach Vulkan-Aschewolke vor. Chef der Billigfluglinie fordert härtere Umweltauflagen für Flugzeuge und öffentliche Hilfen für die Entwicklung sparsamerer Flieger.
Europas zweitgrößter Billigflieger Easyjet bereitet eine Sammelklage vor, um die europäischen Flugaufsichtsbehörden zu Ausgleichszahlungen für die finanziellen Folgen der Flugverbote durch die Vulkan-Aschewolke im April zu zwingen. „Wir arbeiten daran bereits mit einer Gruppe anderer Unternehmen, auch außerhalb des Low-Cost-Sektors“, kündigte Unternehmenschef Andy Harrison im Interview mit der Wirtschaftswoche an. „Das wird eine Klage aller Fluglinien.“ Einzelheiten wollte Harrison zwar nicht nennen. Doch zuvor hatten bereits mehrere Chefs anderer Fluglinien wie Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber ähnliche Schritte angekündigt.
Grund sind die hohen Belastungen durch die von den Behörden verordneten mehrtägigen Flugverbote nach dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull Mitte April. „Das hat uns zwischen 50 und 75 Millionen Euro gekostet, davon bis zu 45 Millionen für Übernachtungen und die Verpflegung gestrandeter Passagiere“, sagte Harrison dem Magazin. „Das war eine Naturkatastrophe. Und es gibt keinen Grund, warum die Folgen ausschließlich von den Fluglinien getragen werden sollten – besonders wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Schließung in der Größenordnung nicht nötig war.“
Mehr Aktivität der Behörden verlangt Harrison dagegen in Form härterer Umweltauflagen für die Flugbranche. Dazu zählt aus Sicht des Managers zum einen die Stillegung älterer Maschinen. „Jedes fünfte Flugzeug in Europa ist deutlich älter als zehn Jahre und gehört verschrottet“, sagt Harrison und verlangt „strengere Gesetze.“ Ein gutes Beispiel sei die Autoindustrie. Vor wenigen Jahren sei es noch unvorstellbar gewesen, dass Familienautos weniger als vier Liter pro 100 Kilometer verbrauchten. „Doch dann hat die EU strengere Gesetze erlassen, und schon ging es. Warum soll das bei Flugzeugen nicht klappen?“, sagt Harrison. „Die Technologie ist da. Jetzt muss die Politik für die Anreize sorgen.“
Um das zu erreichen müssen aus seiner Sicht Fluglinien und Behörden mehr Druck auf die Flugzeughersteller wie Airbus und Boeing machen, damit die mehr Geld in die Forschung stecken. Dabei ist aus Sicht von Harrison auch öffentliche Hilfe möglich. „Von 2012 an müssen alle Fluglinien am Emissionshandel für Fluglinien teilnehmen und für ihren Ausstoß an Kohlendioxid zahlen. Da kommt ja eine Menge Geld herein“, sagt Harrison. „Was wäre eine bessere Verwendung für die vielen Milliarden, als die Entwicklung sparsamer Flugzeuge zu fördern?“
Schließlich erwartet Harrison, der Ende Juni von Easyjet zur Hotel- und Restaurantkette Whitbread wechselt, das sein Unternehmen deutlich europäischer wird. „Ich sehe keinen Grund, warum wir nicht eines Tages in Euro bilanzieren sollten“, sagte Harrison. Er könne sich auch eine Verlegung des Unternehmenssitzes aus dem Londoner Vorort Luton auf den europäischen Kontinent vorstellen. Aus seiner Sicht „ist London, wo wir jetzt unsere Zentrale haben, rein steuerlich ein immer teureres Pflaster“, sagt Harrison. Auf den Einwand, Deutschland und Frankreich seien auch nicht viel billiger, entgegnete der Manager: „Aber es gibt noch andere Länder.“