Im indischen Glauben heißt es, daß die Götter Cannabis auf die Erde brachten, weil sie Mitleid mit den Menschen hatten. Wer einmal in Rotterdam war, kann das verstehen.
Im Coffeeshop: Sieht aus wie am Bankschalter
Rotterdam ist eine Stadt ohne Sinn und Zweck – wenn man mal vom Hafen absieht. Graue Bauklötze bestimmen das Bild der Metropole an der Maas. Im Zentrum die üblichen Verdächtigen: C&A und P&K etc.
Dennoch: Rotterdam ist um eine Facette reicher als all die anderen europäischen Kapitalen. Denn in Rotterdam gibt es tatsächlich etwas, was es woanders nicht gibt: Coffeeshops.
Ansonsten alles grau. Wir kommen an einem Springbrunnen vorbei. „Das Wasser wird zur Weltmeisterschaft orange“ – klärt mich der Fahrer auf. „...und während der Gay Pride rosa!“
Der Fahrer lacht. So witzig kann also Rotterdam sein. Und für Abwechselung ist auch gesorgt.
Wenn die Alltagstristesse dennoch zuschlägt, hilft nur noch der Weg ins Coffeeshop. Dort gibt es allerdings kein Espresso sondern Drogen. Haschisch und Marihuana stehen hier auf der Speisekarte. Im Shop selbst riecht es nach Lakritz und Räucherstäbchen.
Der Stoff lagert hinter gepanzertem Glas. Dort sitzt der Dealer, schon ziemlich stoned. Gegen Geld und Ausweis gibt es die fertige Tüte oder das Set zum selber rollen. Der Rausch ist erst ab 18 zulässig. Ob das immer so genau kontrolliert wird, bezweifele ich.
Hollands neue Wahrzeichen: Statt Käse und Tulpen – Haschisch und Marihuana. Das Zeug wird nicht nur importiert, sondern auch selbst angebaut. Ein Milliardengeschäft.
Hanftreibhaus in den Niederlanden
Früher hat Frau Antje die Felder aufgepoldert, um in riesigen Glashausfabriken wässrige Tomaten-Imitate zu ziehen. Doch die faden Feldfrüchte will keiner mehr. Was also tun mit den Treibhäusern?
Geschäftstüchtig, wie er nun mal ist, der Niederländer, verwandelte er die Glashäuser in riesige Hanfplantagen. Drogen haben immer Konjunktur – wer kann die Realität schon bei klarem Kopf ertragen?
Seit 1982 ist in den Niederlanden Cannabis legal. Seitdem wurden eilends harmlose Kaffeehäuser in Drogendepots umgewandelt. Statt Koffein wird nun Cannabis gereicht. Warum die Dope-Verkaufsstellen Coffeeshop und nicht Cannashop heißen? Sollte wohl nicht so sehr auffallen…
Drinnen bekommt der Rauschbedürftige alles, was seine Synapsen verlangen. Der Kunde hat die Qual der Wahl: Roter Libanese, schwarzer Afghane oder doch lieber Marke Eigenbau?
Für jeden Kiffer ist Holland das Paradies. Groß werden die Augen aber erst, wenn der Abhängige mal in einer echten Marihuana-Plantage steht. Hanf, so weit das Auge reicht, Meter hoch, es riecht sehr „aromatisch“. Ich werde schon high beim Gang durch das gläserne Dope-Haus.
Ein Computer steuert die optimale Cannabiszucht. Wasser, Wärme, Belüftung – alles automatisch. Vorteil des Treibhaushanfs: Anders als bei den Tomatenködern schmeckt man den Unterschied nicht, ob das Tetrahydrocannabinol nun unter Afrikas Sonne oder auf dem heimischen Polder mit künstlichem Dünger entstand. Die Wirkung ist die gleiche.
Ohne Umweg gelangt die Droge frisch auf Tisch des Verbrauchers: In den niederländischen Drogendepots blasen sich besonders Jugendliche das Hirn weg. Der Coffeeshop, touristischer Hauptanziehungspunkt besonders deutscher Jungtouristen.
Wir sind damals nach Holland gefahren wegen der Windmühlen, den Tulpen (Keukenhof), der Nordsee. Die Jugend von heute kommt, um mal ordentlich einen durchzuziehen! Und da Rauchen bekanntlich schädlich ist, wird das Dope auch fein verteilt in Kuchen, Plätzchen oder Haschischschokolade feilgeboten. Für gemütliche Stunden daheim eignet sich das zu Platten oder Klumpen gepresste Harz der Pflanze – oder gleich als Öl. Um den Reinheitsgrad des Piece braucht sich der Konsument keine Gedanken zu machen. Der Coffeeshop steht für Qualität.
Im indischen Glauben heißt es, daß die Götter Cannabis auf die Erde brachten, weil sie Mitleid mit den Menschen hatten. Wer einmal in Rotterdam war, kann das verstehen.