Eine Reise in die deutschsprachige Urschweiz. Glückliche Kühe, intakte Natur, Postkarten-Kulisse. Was kann der Schweizer sich mehr wünschen?
Glückliche Kühe in der Schweiz
Burgistein-Wattenwil – Zugstation in der deutschsprachigen Urschweiz. Kaum eine schweizerischere Bezeichnung für einen Ort in Helvetia ist vorstellbar. Die Gegend hält, was der Name verspricht.
40km südlich von Bern, Postkarten-Alpenpanorama. Mächtig stechen massive Dreitausender ihre schneebedeckten Kappen in den kristallblauen Himmel. Eiger, Mönch, Jungfrau – majestätischer Anblick.
Hier ist die Welt noch in Ordnung. Die Luft riecht würzig nach Natur. Hähne krähen, die Glocken der Kühe schallen durchs Tal. Selbst das Rindvieh scheint hier glücklich zu sein, wenn man mal von der Tierquälerei mit der Glocke um den Hals absieht. Das arme Viech kann sich nämlich nicht bewegen, ohne dass es laut bimmelt. Ganze Herden verursachen so ein vielstimmiges Glockenkonzert, welches nachts dem Touristen den Schlaf raubt. - Ich wusste gar nicht, dass Kühe nachtaktive Tiere sind.
Der Einheimische nimmt die Töne kaum noch wahr. Ist Tradition, sagt der Bauer nebenan zum Sinn dieses Bimmelbammels.
Wer von Berlin Mitte kommend in Burgistein-Wattenwil aufschlägt, der das Gefühl, in einem Märchenland aufzuwachen. Nichts kann die Harmonie zwischen Mensch und Natur trüben. Die Wirtschaftskrise ist hier noch nicht angekommen. Und wenn doch – auch egal. Alles Selbstversorger. Die Menschen in Burgistein-Wattenwil können auch ohne Außenwelt überleben.
Davon zeugt zum Beispiel eine kleine Hütte am Wegesrand mit der Aufschrift: „Frische Eier“. Drinnen ein kleiner Kühlschrank mit dem Legegut. Daneben eine Geldschale. Diebstahl? Unehrlichkeit? Nicht in Burgistein. Bis jetzt hat die Rechnung immer gestimmt, erklärt mir der Herr über eine unübersehbare Anzahl von Hühnern, die hier natürlich frei rumlaufen. „Schweizer Bauer und stolz drauf“ – poliert ein Plakat in der Eierhütte das Image des helvetischen Krumensklaven.
Doch die Idylle trügt. Auch in Burgistein-Wattenwil sind die Einwohner besorgt. Der Schweizer nämlich wähnt sich und seine Republik ständig von allen Seiten bedroht, unterwandert, angegriffen.
Deshalb hat jeder Schweizer auch eine Waffe samt Munition im Haus. Für den Fall, dass der Feind über die Bergkuppen lugt, wird sofort zurück geschossen. Damit ist für die Erstverteidigung gesorgt. Den Rest muss man dann abwarten. Für den Fall eines Atomschlags ist jedes Haus mit einem Atombunker ausgerüstet. Derartig gesichert kann eigentlich gar nichts mehr passieren.
Die Schweiz, ein Paradies. Der Frankenbesitzer kennt die Leiden der Euro-Diktatur nicht. Im Gegenteil: Er profitiert davon. Wohnen in der Schweiz, einkaufen in der EU-Zone, lautet das Motto. Und an der Grenze noch die Mehrwertsteuer erstatten lassen. Hernach geht’s schwer bepackt und value added auf die Alm.
Am Nachmittag wandere ich über saftig grüne Wiesen und genieße die Berglandschaft. Kühe springen verspielt und vergnügt durch die Gegend. Eine davon begrüßt mich neugierig auf ihrem Terrain. Zur Belohnung gibt’s ein selbst gerupftes Grasbüschel. - Es dämmert. Die untergehende Sonne vergoldet die schneebedeckten Bergespitzen. Ein Traum.
Liebe Schweizer, ich komme wieder! Bleibt tapfer, wehrhaft und haltet euch die EU vom Hals, so lange es geht!