Es ist zum piepen, welch Argumente man findet, um den steigenden Ölpreis zu erklären. Als erstes hört man immer wieder, dass die Nachfrage höher sei als das Angebot. Das kann sein, muss aber nicht, denn ein paar Stunden lese ich das Gegenteil und es klingt ziemlich glaubwürdig. Es gäbe genügend Öl, meinen dann irgendwelche Experten, naja, sie glauben es zumindest. Glaube an sich ist ja etwas Schönes, bis man beginnt ihn zu hinterfragen.
Ich glaube, es gibt zuviele „Experten“, wahrscheinlich mehr Experten als Öl. Aber wen stört das schon. Auf einmal ist die gestiegene Nachfrage aus den Schwellenländern mit ihren boomenden Wirtschaften schuld am Frust an der Tankstelle. Andere sehen sich in ihrer „Peak Oil“ Theorie bestätigt. Demnach liegt das Maximum der Ölförderung schon hinter oder kurz vor uns. Doch wer kann das schon so genau sagen? Wenn alle Argumente auch im Zusammenhang nicht taugen, dann liegt es an Wirbelstürmen, der „Driving Season“ in der Millionen Amerikanern mit ihren Spritschleudern durch die Gegend gurken, dem wegen der Klimaerwärmung bald einbrechenden Winter und der schlechten Laune der Schwiegermütter. Jedes Argument für sich scheint zu kurz zu greifen. An allem ist jedoch auch ein Funke Wahrheit dran, mal mehr mal weniger.
Der Hauptgrund für den Ölpreisanstieg ist aber eher im umhervagabundierenden neuen, frisch aus der Geldpresse gespeisten Geldmenge zu suchen, die sich auf die Sachwerte stürzt, als gäbe es kein morgen. Da weiß man, was man hat. Geld muss immer knapp sein, das steht schon in den Lehrbüchern. Vor allem muss hinter dem Geld auch ein Wert stehen, und sei es das Bruttosozialprodukt eines Landes.
Aber erzählen Sie das mal einem Notenbanker, auf dessen Türschwelle ein Dutzend wimmernde Bankchefs schluchzen, die ein zu großes Rand drehen wollten. Und auf einmal erbarmt man sich ihrer und es entsteht neues Geld, oder das, was wir dafür halten. Es entstehen Zahlungsversprechen, deren Erfüllung in der Zukunft liegen, dann wenn die Schlendriane sich längst aus dem Staub gemacht haben oder feixend ihre Abfindungen zählen. Monetäre Finanzspritzen funktionieren in etwa so: Man rührt schimmelig gewordenen Quark mit frischem auf, in der Hoffnung, niemand rümpft nicht die Nase. Das verschafft für einige Zeit Luft, doch löst es nicht das eigentliche Problem. Jede mit Geld geschaffene und geplatzte Blase schreit sofort nach einer neuen und größeren Blase. Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht. Risse hat er schon. Meine Oma hat recht.
Wundert es, dass sich das neue Geld aufmacht, um Renditen zu jagen? Die Sachwerte scheinen eine wahre Fundgruben für Renditen geworden zu sein. Notenbanken können Blasen entstehen lassen. Fragen Sie Alan Greenspan, der kennt sich damit aus. Doch die Blasen entstehen dort, wo sie wollen. Nun ist der Rohstoffmarkt an der Reihe und nimmt mit steigenden Preisen dem Bürger die Kaufkraft, der Wirtschaft die Gewinne und den Kindern die Zukunft.
Explodierende Geldmengen sind Inflation und diese ist nicht mehr zu verheimlichen. Weder statistische Tricks noch die Prügelstrafe für den Goldpreis täuscht darüber hinweg, dass das Leben bei noch stagnierenden Löhnen teurer wird. Doch wie früher werden auch die Löhne Beine bekommen und beginnen zu laufen. Und dann haben wir die Spirale, vor der die EZB andauernd so eindringlich und herzzerreißend warnt. Es wäre nicht die erste Lohn-Preis-Spirale. Das Problem gab es schon im alten Rom. Zuviel Geld schafft Inflation. Zuviel Inflation lässt die Preise steigen. So einfach ist das.
Und der Ölpreis ist nur ein „Phänomen“ der letzten paar Jahre. Der Rest zieht munter mit, seien es Nahrungsmittel, Metalle oder die anderen Energieträger. Selbst die Flasche Wasser kostet inzwischen das Doppelte seit der Euroeinführung, auch wenn man mir gerne das Gegenteil versucht zu erzählen. Und lassen Sie den DAX auf 20.000 Punkte steigen. Was hilft es, wenn der Kaffee 20 Euro kostet und der Mindestlohn um die 5 Euro in der Stunde beträgt?
Inflation ist ein monetäres Problem und man sollte nicht so tun, als wären die Spekulanten die alleinigen Übeltäter. Jetzt hat man sogar nach Beweisen gesucht, dass es an den Terminmärkten die Spekulanten waren, die das Öl nach oben schubsten. Natürlich ist man beim Öl fündig geworden. Hauptsache man hat einen Schuldigen, den man an den Pranger stellen kann. Wieso man den Gold- oder Silbermarkt nicht unter die Lupe nehmen will, erklärt sich hierbei von selbst. Und gerade hier halten wenige Hände die größten Shortpositionen. Warum wohl?
Solange frisches Geld in die Märkte strömt, glaube ich nicht daran, dass der Aktienmarkt deutlich fällt. Die Notenbanken werden den nötigen Nachschub bereitstellen. Das steht so sicher wie das Amen in der Kirche. Doch wie schon gesagt: Glaube ist ein schönes Ding, solange man ihn nicht hinterfragt. Auch wenn das Thema für den Anleger ein kompliziertes ist, der amerikanische Präsident Abraham Lincoln hatte einst gesagt: „Man kann einen Teil des Volkes die ganze Zeit täuschen, und das ganze Volk einen Teil der Zeit. Aber man kann nicht das gesamte Volk die ganze Zeit täuschen.“ Was würde er heute wohl meinen?