Wie gehts weiter im zweiten Halbjahr an den Börsen? Hier eine ausführliche Analyse des Wellenreiter-Teams.
Der Verlauf des Dow lässt sich recht klar strukturieren.
Im März erfolgte der „perfekte Pullback“ auf die Marke von 11.740 Punkten (rote Linie). Diese Linie bezeichnet gleichzeitig das alte Allzeithoch aus dem Januar 2000.
Die zweite klare Struktur des Dow Jones Index betrifft die Schulter-Kopf-Schulter-Formation, die sich in der zweiten Jahreshälfte 2007 ausbilden konnte.
Der Anstieg seit Mitte März wurde an die Nackenlinie (rot) Anfang Mai beendet (siehe Pfeil). Die Nackenlinie offerierte und offeriert einen heftigen Widerstand. Nach unten hin sichert die grüne Linie eine Handelsspanne ab.
Aus dieser Konstellation ergeben sich für das zweite Halbjahr 2008 drei Möglichkeiten:
1. Das bullische Szenario: Ausbruch über die Nackenlinie (rot) 2. Das bärische Szenario: Bruch der Unterstützung (grün) 3. Das neutrale Szenario: Verbleib in der Handelsspanne
Für alle drei Szenarien lassen sich ansprechende Gründe finden: Im bullischen Szenario würde sich die relative Stärke der Nasdaq und der Transporttitel fortsetzen. Der Ölpreis würde fallen oder stagnieren – genauso wie Rohstoffpreise und Inflation - und die Zinsen würden in einer Handelsspanne verbleiben. Die US-Rezession wäre kaum merklich und würde keine globale Rezession triggern. Der Schwelbrand der Finanzkrise würde von der Fed erfolgreich ausgetreten werden können, bevor es zu einem Flächenbrand kommt. Der US-Leitzins verbliebe bei zwei Prozent.
Teil eines bärischen Szenarios ist eine kräftige US-Rezession, die letztendlich die Finanzkrise für die US-Fed nicht mehr beherrschbar macht. Die Insolvenzkandidaten heißen in diesem Fall Bank of America, Wachovia, Lehmann Brothers, Washington Mutual, MBIA und Ambac. Als problematisch würde sich die Verzahnung der Finanzinstitute herausstellen, die eine gegenseitige Abhängigkeit schafft. Ganz eindeutig würde das internationale Finanzsystem in einem solchen Fall auf eine harte Systemtauglichkeitsprobe gestellt werden. Die Fed und andere Zentralbanken wären zu weiteren Zinssenkungen gezwungen.
Ein neutrales Szenario würde eine Situation zwischen Hoffen und Bangen darstellen. Für ein solches Verhalten des Dow Jones Index spricht der Verlauf des Dow in den beiden letzten Wahljahren (2004 und 2000). Üblicherweise sind Wahljahre gute Jahre für den Dow Jones Index. Dies war allerdings zum letzten Mal im Jahr 1996 der Fall. Auf dem folgenden Chart zeigen wir die Verläufe der Wahljahre 2000, 2004 und 2008.
Die Gemeinsamkeiten sind auffällig: Alle drei Jahre starteten schwach und bildeten im März ein wichtiges Tief aus. Einem Hoch im April/Mai folgte ein wichtiges Tief im August, ein Hoch September und ein wichtiges Tief Ende Oktober. Im November/ Dezember kam es jeweils zu einer mehr oder weniger großen Jahresendrallye.
Seit dem Jahr 1900 lassen sich 28 Wahljahre ausmachen. Von denen endeten acht Jahre im Minus. Interessant ist, dass der es Dow Jones Index in der ersten Jahreshälfte 2008 an keinem Tag geschafft hat, ein Plus gegenüber dem Vorjahresschlussstand zu erreichen (850 Punkte wären bis Ende Juni aufzuholen; das ist wenig realistisch). Eine derart negative Bilanz nach dem ersten Halbjahr schafften nach dem zweiten Weltkrieg lediglich die Jahre 1960 und 1984. Beide Jahre endeten im – einstelligen – Minusbereich.
Für den weiteren Verlauf des Aktienjahres 2008 erscheint zusätzlich der folgende Vergleich mit dem Jahr 1998 hilfreich.
Damals erfuhr der Dow Jones Index von Mitte Juni bis Mitte Juli eine Aufwärtsbewegung, die in einen bis Oktober anhaltenden Abverkauf mündete. Auch hier kam es zu einer Jahresendrallye. Fazit: Das neutrale Szenario (Dow-Handelsspanne zwischen 11.800 und 13.000 Punkten) sollte der Ausgangspunkt aller Überlegungen sein. Das Szenario dürfte im dritten Quartal (Juli – September) einem Test am unteren Ende unterzogen werden. Ein Durchbruch mit anschließender schneller Kapitulationsphase ist unserer Ansicht nach wahrscheinlicher als eine Bewegung über die 13.000-Punkte-Marke, die einen neuen Bullenmarkt signalisieren würde. Ein Fall unter die Marke von 11.800 Punkten würde voraussichtlich dann eintreten, wenn sich die Finanzkrise nochmals entscheidend verschärfen sollte. Das bullishe Szenario halten wir nur dann für wahrscheinlich, wenn es im dritten Quartal zu einem lediglich milden Pullback und im vierten Quartal zu einer kräftigen Rallye kommen sollte. Wichtige potentielle Wendepunkte: Anfang August und Ende Oktober 2008. Die Eintrittswahrscheinlichkeiten der Szenarien schätzen wir aktuell wie folgt ein: 1. Bullisches Szenario: 20 Prozent Robert Rethfeld |