Tschechien vermeidet nach dem irischen Nein ein klares Bekenntnis zur Ratifizierung des Lissabon-Vertrags. „Wir haben jetzt ein reales Problem“, sagte der tschechische Vizepremier und Europaminister Alexandr Vondra der "Financial Times Deutschland" . „Jeder Mitgliedsstaat muss nun entscheiden, wie er weiter verfährt. Dann müssen wir alle prüfen, ob die EU einen gemeinsamen Ansatz findet.“
Die unverbindlichen Äußerungen in Prag nähren die Sorge in den anderen Hauptstädten, dass Tschechien Irlands Nein-Votum zum Ausstieg aus dem Ratifizierungsprozess nutzt. Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und die EU-Institutionen direkt hatten nach dem Nein-Votum zum Fortgang der Ratifizierung aufgerufen.
Vondra rechtfertigte seine Haltung damit, dass der tschechische Senat den EU-Grundlagenvertrag nach dessen Annahme in der ersten Parlamentskammer an das Verfassungsgericht verwiesen hat. „Die Regierung kann keinen politischen Druck auf das Verfassungsgericht ausüben“, sagte der Vizeregierungschef. „Allerdings hoffe ich, dass das Gericht sein Urteil über die Verfassungsmäßigkeit des EU-Vertrags innerhalb einiger Monate fällen wird.“
Doch Vondra machte auch inhaltliche Gründe für seine Skepsis gegenüber einer Fortsetzung der Vertragsannahme geltend. „Für uns ist es nicht leicht, einfach weiterzumachen“, sagte der Europaminister. „Wie sollen wir unseren Bürgern erklären, dass ein irisches Nein weniger zählt als ein französisches und ein niederländisches Nein?“ Negativvoten in Frankreich und den Niederlanden hatten 2005 bewirkt, dass die Ratifizierung der damaligen EU-Verfassung schließlich abgebrochen wurde.