CDU-Ministerien wollen Erstzugriff für den Staat auf Vermögen von Pleitefirmen. Für private Gläubiger wie zum Beispiel Handwerker bliebe dann praktisch nichts mehr übrig. Widerstand aus dem FDP-geführten Justizministerium.
Staatliche Gläubiger sollen bei Firmeninsolvenzen künftig bevorzugt werden. Nach Informationen der in Berlin erscheinenden Tageszeitung DIE WELT (Montagausgabe) planen sowohl das Bundesfinanzministerium (BMF) als auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) eine Änderung im Insolvenzrecht. Im so genannten Haushaltsbegleitgesetz soll festgeschrieben werden, dass sich die Sozialversicherungsträger, die Bundesagentur für Arbeit und die Finanzämter künftig vor allen anderen Gläubigern am verbliebenen Vermögen von Pleitefirmen bedienen können.
Für private Gläubiger wie zum Beispiel Handwerker bliebe dann praktisch nichts mehr übrig. Die Insolvenzverwalter-Gilde ist entsprechend entsetzt. „Die Rettung von insolventen Betrieben und damit von Arbeitsplätzen ist dann kaum noch möglich“, sagt Daniel Bergner, der Geschäftsführer vom Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID).
Die Politik will sich dazu nicht äußern. „Das Haushaltsbegleitgesetz befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. Daher kann ich zu Einzelheiten nichts sagen“, sagte ein BMF-Sprecher auf Anfrage. Er dementiert allerdings nicht, dass neben dem schon länger geplanten und reichlich umstrittenen Fiskusprivileg nun auch die Sozialversicherungsträger bevorzugt werden sollen.
Dass die CDU mit ihrem Vorstoß den sanierungsfreundlichen Charakter der erst seit 1999 gültigen Insolvenzordnung wieder rückgängig machen will, dürfte einen neuen Koalitionsstreit heraufbeschwören. Denn das FPD-geführte Bundesjustizministerium hat komplett andere Pläne.
Erst kürzlich hatte die zuständige Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger einen „Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“ vorgelegt. „Daran werden wir festhalten“, sagte Christian Ahrendt, der rechtspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, der WELT. Aus seiner Sicht widersprechen die geplanten Staatsprivilegien ohnehin den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag. „Dort ist eindeutig die Gleichbehandlung aller Gläubiger festgeschrieben“, sagt Ahrendt.
Das Bundesfinanzministerium indes verweist auf den allgemeinen Sparzwang. 80 Mrd. Euro will die Bundesregierung bis zum Jahr 2014 einsparen – und das Fiskusprivileg soll gut 500 Mio. Euro dazu beitragen, das Vorrecht für die Sozialversicherungsträger könnte nach Expertenschätzung weitere 800 Mio. Euro bringen. Der VID kündigt allerdings Widerstand an.
Wie auch die Gläubigerschutzvereinigung (GSV) um Hans Haarmeyer will die Branchenvertretung notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, sollte sich der Staat die gewünschten Privilegien tatsächlich verschaffen. Zumal die Organisationen die geplanten Einsparungen anzweifeln. „Die aus den Staatprivilegien resultierenden Arbeitsplatzverluste, Steuerausfälle und Mehrbelastungen für die Sozialversicherungen überwiegen die erhofften Einnahmen bei weitem“, heißt es beim VID.