Dominique de Villepin: Frankreich läuft Gefahr, nur noch zweitrangige Macht zu sein. Wenn der gegenwärtige Kurs nicht geändert werde, drohe Frankreich „unwiderruflich von Deutschland und dessen Wirtschaftsmodell abgehängt zu werden“
Der frühere französische Premierminister Dominique de Villepin hat die Wirtschaftspolitik von Präsident Nicolas Sarkozy scharf kritisiert. Wenn der gegenwärtige Kurs nicht geändert werde, drohe Frankreich „unwiderruflich von Deutschland und dessen Wirtschaftsmodell abgehängt zu werden“, sagte Villepin in einem Interview des Nachrichtenmagazins FOCUS. „Das könnte die Einheit Europas gefährden. Die Wahrheit ist, dass Frankreich Gefahr läuft, nur noch eine schwache, zweitrangige Macht zu sein“, so der laut Umfragen aussichtsreiche parteiinterne Rivale Sarkozys bei der Präsidentschaftswahl 2012. Die Regierung könne nicht einfach „warten, bis und ob das Wachstum zurückkehrt.
Mehrere Staaten, auch Deutschland, haben ihre Produktion in Schwellenländern ausgelagert. Wir jedoch verharren mit verschränkten Armen.“ Frankreich brauche einen Masterplan für die Industriepolitik. „Dabei sollte es darum gehen, mit Deutschland eine bessere Aufgabenteilung zu erreichen, vor allem im Bereich der Energie. Auf nuklearem Gebiet haben wir es zugelassen, dass die Deutschen eine deutsch-französische Kooperation verlassen haben - und einen russischen Partner gefunden haben. Das sollte uns nicht noch einmal passieren.“
Villepin kritisierte zudem die Roma-Politik Sarkozys, die auf dem Brüsseler EU-Gipfel zum Eklat geführt hatte. „Die französische Regierungsanweisung zur Auflösung der illegalen Roma-Siedlungen war illegal und gefährlich“, sagte der konservative Politiker FOCUS. Die Pariser Regierung müsse nicht nur die Wortwahl ändern, „sondern auch den dahinterstehenden Geist“.