"Wir versündigen uns an unseren Nachkommen", warnte der Ökonom. Die Schuldenstände seien astronomisch. Die Länder, um die es gehe, müssten sich "gesund schrumpfen, weil sie über ihre Verhältnisse gelebt haben".
Sinn erkennt eine Parallele zwischen der derzeitigen Entwicklung in Europa und der Wiedervereinigung in Deutschland. "Ich bezweifle, dass die heute in Europa Verantwortlichen die wirtschaftliche Tragweite ihrer Entscheidungen voll verstehen", klagte Sinn. Sie seien dabei, die Fehler zu wiederholen, die Deutschland nach der Wiedervereinigung gemacht habe. "Auch damals gab es eine Transferunion, dem ex-kommunistischen Schrotthaufen - denn mehr war die Wirtschaft im Osten nicht - wurden die Anspruchslöhne einer der am besten entwickelten Sozialstaaten der Welt übergestülpt". Die Haltung, das werde sich schon einpendeln, habe man das Primat der Politik genannt. "Aber nichts pendelte sich ein - im Gegenteil. Das Ausblenden ökonomischer Gesetze hatte verheerende Konsequenzen".
An Bundeskanzlerin Angela Merkel appeliert der renommierte Ökonom, sie müsse die deutschen Interessen wahren. "Letztlich muss Frau Merkel auch mal bereit sein, einen Gipfel platzen zu lassen", so Sinn. "Wir werden es dem Rest Europas ohnehin nie recht machen können."
Die Argumentation, Deutschland habe jahrelang hohe Exportüberschüsse erwirtschaftet, und müsse seinen Handelspartnern nun etwas "zurückgeben", nennt der Ifo-Chef "eine tragische Fehlinterpretation der politischen Klasse". Ein Exportüberschuss sei ein Kapitalexport, und ein Kapitalexport sei ein Aderlass.
Deutschland steht laut Sinn ein erfolgreiches Jahrzehnt bevor, weil ein größerer Teil der deutschen Ersparnisse wieder zuhause investiert werden wird. "Die Voraussetzung dafür ist aber, dass wir die Rettungspakete restriktiv gestalten." Wenn wir unsere Bonität gänzlich verschenkten, fließe das Sparkapital wieder ab, die Peripherie feiere wieder Party, und Deutschland kehre in die Flaute zurück.