Der DAX hat eine beeindruckende Rally hinter sich. Vom Tief im September aus gesehen, stieg er durchgehend um über 1.000 Punkte. Kein Wunder, dass die ersten Analysten warnen. Kursrallys enden schließlich meistens in der Euphorie, also dann, wenn zu viele Anleger bullish werden. Und auf ein zu bullishes Anleger-Sentiment weisen einige Analysten hin.
Von Jochen Steffens
Ifo-Index im Extrembereich
Aber auch andere umfragebasierte Indikatoren, wie zum Beispiel der Ifo-Index haben Extremwerte erreicht. Der Ifo-Index basiert auf einer Umfrage unter bis zu 7.000 Unternehmen in Deutschland:
Im Diagramm ist gut zu erkennen, dass der Ifo-Index (blaue Linie) mittlerweile sogar das Niveau von 2007, also der Zeit vor dem Crash, überschritten hat. Ein klares Warnzeichen?
Interessanterweise erkennt man, dass die Einschätzung der aktuellen Lage (rot) zurzeit noch weiter steigt, während die Erwartung (grüne Linie) bereits an Dynamik verliert. Erste Zweifel über eine weitere, positive Entwicklung tauchen bei einigen Unternehmen auf. Schaut man sich die Entwicklung vor den letzten Crashs an, gingen Erwartung und aktuelle Lage bereits einige Zeit vorher auseinander.
Es könnte sich demnach um ein frühes Warnsignal handeln, das auf einen noch nicht direkt bevorstehenden Hochpunkt an den Märkten hinweist.
Die Diskrepanz im ZEW-Index
Noch deutlicher wird die Diskrepanz zwischen Erwartung und aktueller Lage im ZEW-Index. Dem ZEW-Index liegt eine Befragung von 350 Finanzexperten zugrunde.
Entgegen verschiedener anderer Anleger-Sentiment-Indikatoren notiert der ZEW-Index eher auf einem mittleren Niveau um die Null-Marke herum.
Auffällig ist aber, dass auch hier die „Einschätzung der aktuellen Situation“ Höchstwerte erreicht. Offenbar gehen beim ZEW-Index ebenfalls „Erwartung“ und „die aktuelle Situation“ auseinander.
Aber auch vor dem letzten Crash haben wir einen extremen Anstieg bei der „aktuellen Situation“ gesehen, während der ZEW-Index bereits fiel. Ebenfalls ein Warnsignal?
Volkswirtschaftliche Normalität in Deutschland?
Deutschland nimmt zurzeit eine Sonderrolle ein. Es profitiert als Exportland extrem von dem durch die Krise in der EU angeschlagenen und fallenden Euro. Hätte Deutschland noch eine eigene Währung, wäre diese mittlerweile durch die Decke gegangen. Eine steigende Währung bremst einen Wirtschaftsboom aus, sie hätte schließlich allerlei negative Auswirkungen, gerade für Deutschland: Die Exportindustrie hätte zunehmend Probleme, ihre Produkte auf dem Weltmarkt zu platzieren. Die sinkenden Exportzahlen würden zu Arbeitslosigkeit führen, etc. Das alles ist jedoch ein normaler und zudem gesunder Prozess. So wird eine Überhitzung vermieden.
Angesichts der immer wieder aufflammenden Sorgen um die finanzielle Lage einiger Mitgliedsländer bleibt der Euro trotz des starken Wirtschaftswachstums in Deutschland schwach. Und so erleben wir einen Boom, der nicht mehr über einen Währungsanstieg reguliert wird. So positiv das zurzeit wirkt, so gefährlich ist es auch.
Dies kann dazu führen, dass sich in Deutschland die Wirtschaft auf eine ungesunde Art und Weise massiv überhitzt.
Wenn wir jetzt diese Sondersituation auf die Historie der oben genannte umfragebasierten Indizes übertragen, heißt das, dass es theoretisch möglich ist, dass es auch in diesen Indizes zu einer Sonder-/Extremsituation kommt. Sprich, dass wir hier trotz der bereits erreichten Extremwerte noch deutlich steigende Werte sehen und so in Bereiche vordringen, die bisher unerreichbar schienen.
Und dieser Punkt wird zurzeit bei der Analyse der umfragebasierten Indizes übersehen.
Der Blick über den Teich
Hinzu kommt, dass für den weiteren Verlauf der Märkte wie gewohnt die Stimmung in den USA wesentlich entscheidender ist. Und hier ist das Bild gemischter. Während sich zum Beispiel der ISM-Index durchaus wieder in der Nähe alter Hochs aufhält, verharrt die US-Verbraucherstimmung noch auf sehr niedrigen Werten. Insgesamt ist die Anleger-Stimmung in den USA noch weit von jedweder Euphorie entfernt. Das heißt, hier besteht aus Sentimentsicht durchaus noch Aufwärtspotenzial. Und wenn die US-Indizes weiter steigen, wird auch der DAX weiter steigen oder zumindest nicht in sich zusammenbrechen.
Fazit: Die Sentiment-Indikatoren haben ein Niveau erreicht, auf dem sie durchaus Warnsignale senden. Allerdings muss man die aktuelle Sondersituation in Deutschland berücksichtigen. Weiter steigende Werte würden lediglich den Umstand spiegeln, dass wichtige Regularien einer Rally, wie eine steigende Währung, in Deutschland zurzeit ausgehebelt sind. Das heißt für Sie als Anleger: Man darf die Warnsignale zwar nicht ignorieren, aber es dürfte zu früh sein, bereits jetzt in gepflegte Panik zu verfallen. Zumal oft die Endphase einer Rally am lukrativsten ist.