EZB warnt Bundesregierung: Keine Steuersenkungen. „Sicherlich wäre es nicht angemessen, unter den gegenwärtigen Bedingungen 2011 oder 2012 Steuererleichterungen vorzunehmen. Das wäre prozyklische Politik.“
Die Europäische Zentralbank (EZB) warnt die Bundesregierung vor
Steuersenkungen. EZB-Direktoriumsmitglied Jürgen Stark sagte der
Zeitschrift manager magazin (erscheint am 17. Dezember): „Sicherlich wäre
es nicht angemessen, unter den gegenwärtigen Bedingungen 2011 oder 2012
Steuererleichterungen vorzunehmen. Das wäre prozyklische Politik.“
Die Ermahnung ist vor dem Hintergrund eines beschleunigten deutschen
Wachstums zu verstehen. Viele Wirtschaftsforscher haben bereits ihre
Prognosen nach oben korrigiert. Eine Analyse des Forschungsinstituts Kiel
Economics für manager magazin prognostiziert für 2011 ein Wachstum von 3,2
Prozent und auch für die folgenden Jahre bis 2015 eine zunehmend stärkere
Auslastung der Produktionskapazitäten.
Bereits im kommenden Jahr wird nach den Berechnungen die
volkswirtschaftliche „Überhitzungsschwelle“ erreicht, was sich in
zunehmender Arbeitskräfteknappheit, steigenden Löhnen und Preisen
niederschlagen dürfte.
Das starke Wachstum resultiert vor allem aus der fortgesetzt expansiven
Geldpolitik der EZB, die sich auch an den Belangen schwächerer Euro-Staaten
wie Spanien oder Irland orientieren muss. In einer solchen Situation müsse
die Finanzpolitik „restriktiv“ ausgelegt sein, sagte Stark. „Gefordert ist
die nationale Wirtschaftspolitik, die im Zweifelsfall entschlossen
gegensteuern muss.“
Die Bundesregierung hat in der vergangenen Woche Steuererleichterungen in
Höhe von 590 Millionen Euro für Arbeitnehmer und um vier Milliarden Euro
für Unternehmen beschlossen. Vor 2013 will insbesondere die
Koalitionspartei FDP weitere Steuersenkungen durchsetzen.