Mit Subventionen und billigen Arbeitskräften lockt der Osten. Massenweise verlagerten auch deutsche Konzerne ihre Produktion nach Osteuropa. Ungarn schröpft jetzt die Kapitalflüchtigen mit einer Sondersteuer. Nun ist das Gejammere groß. Brüssel soll’s richten.
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat die Regierung Ungarns wegen ihrer Sondersteuer für ausländische Konzerne kritisiert. "Abgaben, die vorrangig ausländische Unternehmen betreffen, sind für den europäischen Binnenmarkt grundsätzlich problematisch", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" (Montag-Ausgabe). Die Bundesregierung habe daher gegenüber der ungarischen Regierung nach Bekanntwerden der Steuerpläne ihre Besorgnis deutlich gemacht. Das Thema werde auch Gegenstand eines Gesprächs zwischen Brüderle und seinem ungarischen Kollegen Tamás Fellegi im Januar sein.
"Im Übrigen verfolgen wir aufmerksam die Prüfung des Sachverhalts durch die Europäische Kommission", sagte Brüderle weiter. Die EU-Kommission wertet die Beschwerden der Unternehmen gegenwärtig aus, um nachzuforschen, ob sie berechtigt sind. Sollte sich dabei herausstellen, dass Budapest gegen europäische Regeln verstoße, dann werde ein "formelles Verfahren" eingeleitet, an dessen Ende eine Vertragsverletzungsverfahren stehen könnte, so eine Sprecherin der Brüsseler Behörde.
Mehr als ein Dutzend europäischer Konzernchefs verlangen in einem Schreiben an die EU-Kommission Sanktionen gegen den neuen EU-Ratsvorsitzenden Ungarn, weil das Land eine Sondersteuer für Großunternehmen eingeführt hat. Davon sind vor allem ausländische Konzerne betroffen. In ihrem Schreiben rechnen die 13 Unternehmensführer vor, dass die von Ministerpräsident Viktor Orban eingeführte Krisensteuer der Regierung 1,3 Milliarden Euro einbringt und fast ausschließlich die Sektoren Energie, Telekom, Handel und Finanzdienstleistung betreffe, die von ausländischen Konzernen dominiert werden. Dagegen seien einheimische Firmen von den Steuern teilweise ausdrücklich ausgenommen, etwa im Einzelhandel.