Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro fordert Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds und Insolvenzordnung für Euro-Staaten. Derzeitige Lösung zu "komplex" und "führt unweigerlich zu Kompetenzrangeleien".
Für eine dauerhafte Stabilisierung der Euro-Zone hält die Finanzwissenschaftlerin Beatrice Weder di Mauro, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die Etablierung einer Insolvenzordnung für Euro-Staaten und einen Forderungsverzicht privater Gläubiger für dringend erforderlich. „Langfristig muss auch die Beteiligung des privaten Sektors an notwendigen Umschuldungen zu den Grundpfeilern einer Währungsunion gehören“, sagte Weder di Mauro in einem Interview mit der WirtschaftsWoche.
Gleichzeitig übte die Finanzwissenschaftlerin Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel, die einen möglichen Forderungsverzicht privater Gläubiger ab 2013 ins Spiel gebracht hat. Zwar sei eine solche Beteiligung grundsätzlich richtig. „Aber ebenso richtig ist auch, dass eine solche Ankündigung kurzfristig die Probleme noch erhöht“, sagte Weder di Mauro. Das gelte insbesondere dann, wenn nicht glaubhaft gemacht werden könne, dass ein möglicher Forderungsverzicht nur in der Zukunft gelten solle.
Sinnvoller wäre laut Weder die Mauro eine Übergangsregel, wie sie in Deutschland bei der Schuldenschranke festgelegt wurde. Eine solche Regel müsste vom jetzigen länderspezifischen Stand der Verschuldung ausgehen und einen Pfad des Schuldenabbaus festlegen. Das heißt, dass Länder in das neue Regime eintreten, sobald sie eine bestimmte Schuldengrenze unterschreiten, also „zu unterschiedlichen Zeitpunkten“. Bis dahin sollten Umschuldungen generell ausgeschlossen werden. Damit „besteht keine Gefahr für den privaten Investor und keinen Grund, jetzt schon panisch zu werden“, betonte die Finanzwissenschaftlerin.
Darüber hinaus befürwortet Weder die Mauro die Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds, wie ihn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäube ins Spiel gebracht hat. Die jetzige Lösung, dass Anpassungsprogramme in Zusammenarbeit von Europäischer Kommission, Internationalem Währungsfonds, dem Euro-Rettungsfonds (ESFS) und der Europäischen Zentralbank erarbeitet werden, sei viel zu komplex. „Das führt unweigerlich zu Kompetenzrangeleien“, sagte Weder die Mauro.
Die künftige Insolvenzordnung für die Euro-Zone soll nach den Vorstellungen Weder di Mauros drei Gruppen von Euro-Ländern unterscheiden. Gering verschuldete Länder mit einem Schuldenstand von weniger als 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sollen danach bei Bedarf unkompliziert Hilfskredite durch die Gemeinschaft der Euro-Länder erhalten können. Eine zweite Gruppe, deren Verschuldung über 60 Prozent liegt, sollte Hilfskredite nur in Verbindung mit einem Anpassungsprogramm erhalten. Sobald die Verschuldung eines Landes eine noch höhere und noch zu definierende Schwelle überschreitet, sollten Hilfskredite zwingend nur in Verbindung mit einem Anpassungsprogramm und einer Umschuldung unter Beteiligung privater Gläubiger möglich sein. Ein solcher Mechanismus, so Weder die Mauro, wäre ein „ordnungspolitisches Instrument, das die Disziplinierung der Politik durch den Markt möglich macht“ und „würde präventiv wirken, also zukünftige Krisen verhindern“.